Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht
(2013/C 175/01)
DIE VERTRAGSMITGLIEDSTAATEN —
IN DER ERWÄGUNG, dass die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Gebiet des Patentwesens einen wesentlichen Beitrag zum Integrationsprozess in Europa leistet, insbesondere zur Schaffung eines durch den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr gekennzeichneten Binnenmarkts innerhalb der Europäischen Union und zur Verwirklichung eines Systems, mit dem sichergestellt wird, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verzerrt wird,
IN DER ERWÄGUNG, dass der fragmentierte Patentmarkt und die beträchtlichen Unterschiede zwischen den nationalen Gerichtssystemen sich nachteilig auf die Innovation auswirken, insbesondere im Falle kleiner und mittlerer Unternehmen, für die es schwierig ist, ihre Patente durchzusetzen und sich gegen unberechtigte Klagen und Klagen im Zusammenhang mit Patenten, die für nichtig erklärt werden sollten, zu wehren,
IN DER ERWÄGUNG, dass das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ), das von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert worden ist, ein einheitliches Verfahren für die Erteilung europäischer Patente durch das Europäische Patentamt vorsieht,
IN DER ERWÄGUNG, dass Patentinhaber nach der Verordnung (EU) Nr. 1257/20121 eine einheitliche Wirkung ihrer europäischen Patente beantragen können, damit sie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmen, einen einheitlichen Patentschutz genießen,
IN DEM WUNSCH, durch die Errichtung eines Einheitlichen Patentgerichts für die Regelung von Rechtsstreitigkeiten über die Verletzung und Rechtsgültigkeit von Patenten die Durchsetzung von Patenten und die Verteidigung gegen unbe gründete Klagen und Klagen im Zusammenhang mit Patenten, die für nichtig erklärt werden sollten, zu verbessern und die Rechtssicherheit zu stärken,
IN DER ERWÄGUNG, dass das Einheitliche Patentgericht in der Lage sein sollte, rasche und hochqualifizierte Entscheidungen sicherzustellen und dabei einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Rechteinhabern und anderen Parteien unter Berücksichtigung der erforderlichen Verhältnismäßigkeit und Flexibilität zu gewährleisten,
IN DER ERWÄGUNG, dass das Einheitliche Patentgericht ein gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und somit Teil ihres Rechtswesens sein sollte und dass es mit einer ausschließlichen Zuständigkeit für europäische Patente mit einheitlicher Wirkung und für die nach dem EPÜ erteilten Patente ausgestattet sein sollte,
IN DER ERWÄGUNG, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die Einheitlichkeit der Rechtsordnung der Union und den Vorrang des Rechts der Europäischen Union sicherzustellen hat,
UNTER HINWEIS AUF die Verpflichtungen der Vertragsmitgliedstaaten im Rahmen des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), einschließlich der Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit nach Artikel 4 Absatz 3 EUV und der Verpflichtung, durch das Einheitliche Patentgericht die uneingeschränkte Anwendung und Achtung des Unionsrechts in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet und den gerichtlichen Schutz der dem Einzelnen aus diesem Recht erwachsenden Rechte zu gewährleisten,
IN DER ERWÄGUNG, dass das Einheitliche Patentgericht, wie jedes nationale Gericht auch, das Unionsrecht beachten und anwenden und in Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof der Europäischen Union — dem Hüter des Unionsrechts — seine korrekte Anwendung und einheitliche Auslegung sicherstellen muss; insbesondere muss es bei der ordnungsgemäßen Auslegung des Unionsrechts mit dem Gerichtshof der Europäischen Union zusammenarbeiten, indem es sich auf dessen Rechtsprechung stützt und ihn gemäß Artikel 267 AEUV um Vorabentscheidungen ersucht,
IN DER ERWÄGUNG, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur außervertraglichen Haftung die Vertragsmitgliedstaaten für Schäden, die durch Verstöße des Einheitlichen Patentgerichts gegen das Unions recht einschließlich des Versäumnisses, den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, entstanden sind, haften sollten,
IN DER ERWÄGUNG, dass Verstöße des Einheitlichen Patentgerichts gegen das Unionsrecht, einschließlich des Versäum nisses, den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, unmittelbar den Vertrags mitgliedstaaten anzulasten sind und daher gemäß den Artikeln 258, 259 und 260 AEUV gegen jeden Vertragsmitglied staat ein Verletzungsverfahren angestrengt werden kann, um die Achtung des Vorrangs des Unionsrechts und seine ordnungsgemäße Anwendung zu gewährleisten,
UNTER HINWEIS auf den Vorrang des Unionsrechts, das den EUV, den AEUV, die Charta der Grundrechte der Euro päischen Union, die vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, insbesondere das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht und das Recht, von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist gehört zu werden, sowie die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und das Sekundärrecht der Europäischen Union umfasst,
IN DER ERWÄGUNG, dass dieses Übereinkommen jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Beitritt offenstehen sollte; Mitgliedstaaten, die beschlossen haben, nicht an der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes teilzunehmen, können sich in Bezug auf europäische Patente, die für ihr jeweiliges Hoheits gebiet erteilt wurden, an diesem Übereinkommen beteiligen,
IN DER ERWÄGUNG, dass dieses Übereinkommen am 1. Januar 2014 in Kraft treten sollte oder aber am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der 13. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde, sofern dem Kreis der Vertragsmitglied staaten, die ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden hinterlegt haben, die drei Staaten angehören, in denen es im Jahr vor dem Jahr der Unterzeichnung des Übereinkommens die meisten gültigen europäischen Patente gab, oder aber am ersten Tag des vierten Monats nach dem Inkrafttreten der Änderungen der Verordnung (EU) 1215/20122, die das Verhältnis zwischen jener Verordnung und diesem Übereinkommen betreffen, je nachdem, welcher Zeitpunkt der späteste ist —
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
TEIL I - ALLGEMEINE UND INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN
KAPITEL I - Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1 - Einheitliches Patentgericht
Es wird ein Einheitliches Patentgericht für die Regelung von Streitigkeiten über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung errichtet. Das Einheitliche Patentgericht ist ein gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und unterliegt somit denselben Ver pflichtungen nach dem Unionsrecht wie jedes nationale Gericht der Vertragsmitgliedstaaten.
Artikel 2 - Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck
a) „Gericht“ das Einheitliche Patentgericht, das mit diesem Über einkommen errichtet wird,
b) „Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat der Europäischen Union,
c) „Vertragsmitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, der Vertragspartei dieses Übereinkommens ist,
d) „EPÜ“ das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente vom 5. Oktober 1973 mit allen nachfolgenden Änderungen,
e) „europäisches Patent“ ein nach dem EPÜ erteiltes Patent, das keine einheitliche Wirkung aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 hat,
f) „europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“ ein nach dem EPÜ erteiltes Patent, das aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 einheitliche Wirkung hat,
g) „Patent“ ein europäisches Patent und/oder ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung,
h) „ergänzendes Schutzzertifikat“ ein nach der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 ( 1 ) oder der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 ( 2 ) erteiltes ergänzendes Schutzzertifikat,
i) „Satzung“ die als Anhang I beigefügte Satzung des Gerichts, die Bestandteil dieses Übereinkommens ist,
j) „Verfahrensordnung“ die gemäß Artikel 41 festgelegte Ver fahrensordnung des Gerichts.
Artikel 3 - Geltungsbereich
Dieses Übereinkommen gilt
a) für alle europäischen Patente mit einheitlicher Wirkung,
b) für alle ergänzenden Schutzzertifikate, die zu einem durch ein Patent geschützten Erzeugnis erteilt worden sind,
c) unbeschadet des Artikels 83 für alle europäische Patente, die
zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens
noch nicht erloschen sind oder die nach diesem Zeitpunkt
erteilt werden und
d) unbeschadet des Artikels 83 für alle europäischen Patent
anmeldungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Übereinkommens anhängig sind oder die nach diesem Zeit
punkt eingereicht werden. Artikel 4
Rechtsstellung
(1) Das Gericht besitzt in jedem Vertragsmitgliedstaat Rechts
persönlichkeit und die weitestgehende Rechts- und Geschäfts
fähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt wird.
(2) Das Gericht wird vom Präsidenten des Berufungsgerichts
vertreten, der im Einklang mit der Satzung gewählt wird.
Artikel 5 - Haftung
(1) Die vertragliche Haftung des Gerichts unterliegt dem für den betreffenden Vertrag geltenden Recht gemäß der Verord nung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I) ( 3 ), sofern anwendbar, oder andernfalls gemäß dem Recht des Mitgliedstaats des befassten Gerichts.
(2) Die außervertragliche Haftung des Gerichts für durch das Gericht oder sein Personal in Ausübung seiner Amtstätigkeit verursachte Schäden — sofern es sich dabei nicht um eine Zivil- und Handelssache im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (Rom II) ( 4 ) handelt — richtet sich nach dem Recht des Ver tragsmitgliedstaats, in dem der Schaden eingetreten ist. Diese Bestimmung lässt Artikel 22 unberührt.
(3) Die Zuständigkeit für die Beilegung von Rechtsstreitigkei
ten nach Absatz 2 liegt bei einem Gericht des Vertragsmitglied
staats, in dem der Schaden eingetreten ist.
( 1 ) Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat
für Arzneimittel (ABl. L 152 vom 16.6.2009, S. 1) mit allen nach
folgenden Änderungen.
( 2 ) Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (ABl. L 198 vom
8.8.1996, S. 30) mit allen nachfolgenden Änderungen.
( 3 ) Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldver
hältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008,
S. 6) mit allen nachfolgenden Änderungen.
( 4 ) Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuld
verhältnisse anzuwendende Recht (Rom II), (ABl. L 199 vom
31.7.2007, S. 40) mit allen nachfolgenden Änderungen.
KAPITEL II - Institutionelle Bestimmungen
Artikel 6 - Gericht
(1) Das Gericht besteht aus einem Gericht erster Instanz,
einem Berufungsgericht und einer Kanzlei.
(2) Das Gericht nimmt die ihm mit diesem Übereinkommen
übertragenen Aufgaben wahr.
Artikel 7 - Gericht erster Instanz
(1) Das Gericht erster Instanz umfasst eine Zentralkammer sowie Lokalkammern und Regionalkammern.
(2) Die Zentralkammer hat ihren Sitz in Paris und verfügt
über eine Abteilung in London und eine Abteilung in München.
Die Verfahren vor der Zentralkammer werden gemäß Anhang II,
der Bestandteil dieses Übereinkommens ist, verteilt.
(3) Eine Lokalkammer wird in einem Vertragsmitgliedstaat
auf dessen Antrag hin in Einklang mit der Satzung errichtet.
Ein Vertragsmitgliedstaat, in dessen Gebiet eine Lokalkammer
errichtet wird, benennt deren Sitz.
(4) In einem Vertragsmitgliedstaat wird auf seinen Antrag hin
eine zusätzliche Lokalkammer für jeweils einhundert Patentver
fahren errichtet, die in diesem Vertragsmitgliedstaat pro Kalen
derjahr vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkom
mens in drei aufeinanderfolgenden Jahren eingeleitet worden
sind. Die Anzahl der Lokalkammern je Vertragsmitgliedstaat
darf vier nicht überschreiten.
(5) Für zwei oder mehr Vertragsmitgliedstaaten wird auf de
ren Antrag hin im Einklang mit der Satzung eine Regionalkam
mer errichtet. Diese Vertragsmitgliedstaaten benennen den Sitz
der betreffenden Kammer. Die Regionalkammer kann an unter
schiedlichen Orten tagen.
Artikel 8 - Zusammensetzung der Spruchkörper des Gerichts erster Instanz
(1) Alle Spruchkörper des Gerichts erster Instanz sind multi national zusammengesetzt. Unbeschadet des Absatzes 5 und des Artikels 33 Absatz 3 Buchstabe a bestehen sie aus drei Richtern.
(2) Jeder Spruchkörper einer Lokalkammer in einem Ver
tragsmitgliedstaat, in dem vor oder nach dem Inkrafttreten die
ses Übereinkommens in drei aufeinanderfolgenden Jahren
durchschnittlich weniger als fünfzig Patentverfahren je Kalender
jahr eingeleitet worden sind, besteht aus einem rechtlich quali
fizierten Richter, der Staatsangehöriger des Vertragsmitglied
staats ist, in dessen Gebiet die betreffende Lokalkammer errich
tet worden ist, und zwei rechtlich qualifizierten Richtern, die
nicht Staatsangehörige dieses Vertragsmitgliedstaats sind und
ihm gemäß Artikel 18 Absatz 3 von Fall zu Fall aus dem
Richterpool zugewiesen werden.
(3) Ungeachtet des Absatzes 2 besteht jeder Spruchkörper
einer Lokalkammer in einem Vertragsmitgliedstaat, in dem vor
oder nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens in drei
aufeinanderfolgenden Jahren durchschnittlich mindestens fünf
zig Patentverfahren je Kalenderjahr eingeleitet worden sind,
aus zwei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsangehörige
des Vertragsmitgliedstaats sind, in dessen Gebiet die betreffende
Lokalkammer errichtet worden ist, und einem rechtlich qualifi
zierten Richter, der nicht Staatsangehöriger dieses Vertragsmit
gliedstaats ist und der ihm gemäß Artikel 18 Absatz 3 aus dem
Richterpool zugewiesen wird. Dieser dritte Richter ist langfristig
in der Lokalkammer tätig, wo dies für eine effiziente Arbeit von
Kammern mit hoher Arbeitsbelastung notwendig ist.
(4) Jeder Spruchkörper einer Regionalkammer besteht aus zwei rechtlich qualifizierten Richtern, die aus einer regionalen Liste mit Richtern ausgewählt werden und Staatsangehörige ei nes der betreffenden Vertragsmitgliedstaaten sind, und einem rechtlich qualifizierten Richter, der nicht Staatsangehöriger eines der betreffenden Vertragsmitgliedstaaten ist und ihm gemäß Artikel 18 Absatz 3 aus dem Richterpool zugewiesen wird.
(5) Auf Antrag einer der Parteien ersucht jeder Spruchkörper einer Lokal- oder Regionalkammer den Präsidenten des Gerichts erster Instanz, ihm gemäß Artikel 18 Absatz 3 aus dem Rich terpool einen zusätzlichen technisch qualifizierten Richter zu zuweisen, der über eine entsprechende Qualifikation und Erfah rung auf dem betreffenden Gebiet der Technik verfügt. Überdies kann jeder Spruchkörper einer Lokal- oder Regionalkammer nach Anhörung der Parteien auf eigene Initiative ein solches Ersuchen unterbreiten, wenn er dies für angezeigt hält. Wird ihm ein solcher technisch qualifizierter Richter zugewie sen, so darf ihm kein weiterer technisch qualifizierter Richter nach Artikel 33 Absatz 3 Buchstabe a zugewiesen werden.
(6) Jeder Spruchkörper der Zentralkammer besteht aus zwei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsangehörige unter schiedlicher Vertragsmitgliedstaaten sind, und einem technisch qualifizierten Richter, der ihm gemäß Artikel 18 Absatz 3 aus dem Richterpool zugewiesen wird und über eine entsprechende Qualifikation und Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet der Technik verfügt. Jeder Spruchkörper der Zentralkammer, der mit Klagen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i befasst ist, besteht jedoch aus drei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsange hörige unterschiedlicher Vertragsmitgliedstaaten sind.
(7) Ungeachtet der Absätze 1 bis 6 und im Einklang mit der Verfahrensordnung können die Parteien vereinbaren, dass ihre Rechtsstreitigkeit von einem rechtlich qualifizierten Richter als Einzelrichter entschieden wird.
(8) Den Vorsitz in jedem Spruchkörper des Gerichts erster Instanz führt ein rechtlich qualifizierter Richter.
Artikel 9 - Berufungsgericht
(1) Jeder Spruchkörper des Berufungsgerichts tagt in einer multinationalen Zusammensetzung aus fünf Richtern. Er besteht aus drei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsangehörige unterschiedlicher Vertragsmitgliedstaaten sind, und zwei tech nisch qualifizierten Richtern, die über eine entsprechende Qua lifikation und Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet der Tech nik verfügen. Die technisch qualifizierten Richter werden dem Spruchkörper vom Präsidenten des Berufungsgerichts aus dem Richterpool gemäß Artikel 18 zugewiesen.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 besteht ein Spruchkörper, der mit Klagen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i befasst ist, aus drei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsangehörige unter schiedlicher Vertragsmitgliedstaaten sind.
(3) Den Vorsitz in jedem Spruchkörper des Berufungsgerichts führt ein rechtlich qualifizierter Richter.
(4) Die Spruchkörper des Berufungsgerichts werden im Ein klang mit der Satzung gebildet.
(5) Das Berufungsgericht hat seinen Sitz in Luxemburg.
Artikel 10 - Kanzlei
(1) Am Sitz des Berufungsgerichts wird eine Kanzlei einge richtet. Sie wird vom Kanzler geleitet und nimmt die ihr durch die Satzung zugewiesenen Aufgaben wahr. Vorbehaltlich der in diesem Übereinkommen festgelegten Bedingungen und der Ver fahrensordnung ist das von der Kanzlei geführte Register öffent lich.
(2) An allen Kammern des Gerichts erster Instanz werden Nebenstellen der Kanzlei eingerichtet.
(3) Die Kanzlei führt Aufzeichnungen über alle vor dem Ge richt verhandelten Verfahren. Nach der Einreichung unterrichtet die betreffende Nebenstelle die Kanzlei über jedes Verfahren.
(4) Das Gericht ernennt im Einklang mit Artikel 22 der Sat zung den Kanzler und legt die Bestimmungen zu dessen Amts führung fest.
Artikel 11 - Ausschüsse
Zur Sicherstellung einer effektiven Durchführung und Funk tionsweise dieses Übereinkommens werden ein Verwaltungsaus schuss, ein Haushaltsausschuss und ein Beratender Ausschuss eingesetzt. Diese nehmen insbesondere die in diesem Überein kommen und in der Satzung vorgesehenen Aufgaben wahr.
Artikel 12 - Verwaltungsausschuss
(1) Der Verwaltungsausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Vertragsmitgliedstaaten zusammen. Die Europäische Kommission ist bei den Sitzungen des Verwaltungsausschusses als Beobachter vertreten.
(2) Jeder Vertragsmitgliedstaat verfügt über eine Stimme.
(3) Der Verwaltungsausschuss fasst seine Beschlüsse mit Drei viertelmehrheit der vertretenen Vertragsmitgliedstaaten, die eine Stimme abgeben, sofern in diesem Übereinkommen oder der Satzung nicht etwas anderes bestimmt ist.
(4) Der Verwaltungsausschuss gibt sich eine Geschäftsord nung.
(5) Der Verwaltungsausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden für eine Amtszeit von drei Jahren. Die Wiederwahl ist zulässig.
Artikel 13 - Haushaltsausschuss
(1) Der Haushaltsausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Vertragsmitgliedstaaten zusammen.
(2) Jeder Vertragsmitgliedstaat verfügt über eine Stimme.
(3) Der Haushaltsausschuss fasst seine Beschlüsse mit der
einfachen Mehrheit der Vertreter der Vertragsmitgliedstaaten.
Zur Feststellung des Haushaltsplans ist jedoch eine Dreiviertel
mehrheit der Vertreter der Vertragsmitgliedstaaten erforderlich.
(4) Der Haushaltsausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
(5) Der Haushaltsausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vor
sitzenden für eine Amtszeit von drei Jahren. Die Wiederwahl ist
zulässig.
Artikel 14 - Beratender Ausschuss
(1) Der Beratende Ausschuss
a) unterstützt den Verwaltungsausschuss bei der Vorbereitung der Ernennung der Richter des Gerichts,
b) unterbreitet dem in Artikel 15 der Satzung genannten Prä sidium Vorschläge zu den Leitlinien für den in Artikel 19 genannten Schulungsrahmen für Richter und
c) übermittelt dem Verwaltungsausschuss Stellungnahmen zu den Anforderungen an die in Artikel 48 Absatz 2 genannte Qualifikation.
(2) Dem Beratenden Ausschuss gehören Patentrichter und auf dem Gebiet des Patentrechts und der Patentstreitigkeiten tätige Angehörige der Rechtsberufe mit der höchsten anerkannten Qualifikation an. Sie werden gemäß dem in der Satzung fest gelegten Verfahren für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Die Wiederernennung ist zulässig.
(3) Die Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses muss ein breites Spektrum an einschlägigem Sachverstand und die Vertretung eines jeden Vertragsmitgliedstaats gewährleisten. Die Mitglieder des Beratenden Ausschusses üben ihre Tätigkeit in völliger Unabhängigkeit aus und sind an keine Weisungen gebunden.
(4) Der Beratende Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
(5) Der Beratende Ausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden für eine Amtszeit von drei Jahren. Die Wiederwahl ist zulässig.
KAPITEL III - Richter des Gerichts
Artikel 15 - Auswahlkriterien für die Ernennung der Richter
(1) Das Gericht setzt sich sowohl aus rechtlich qualifizierten als auch aus technisch qualifizierten Richtern zusammen. Die Richter müssen die Gewähr für höchste fachliche Qualifikation bieten und über nachgewiesene Erfahrung auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten verfügen.
(2) Die rechtlich qualifizierten Richter müssen die für die Berufung in ein richterliches Amt in einem Vertragsmitgliedstaat erforderliche Qualifikation haben.
(3) Die technisch qualifizierten Richter müssen über einen Hochschulabschluss und nachgewiesenen Sachverstand auf ei nem Gebiet der Technik verfügen. Sie müssen auch über nach gewiesene Kenntnisse des für Patentstreitigkeiten relevanten Zi vil- und Zivilverfahrensrechts verfügen.
Artikel 16 - Ernennungsverfahren
(1) Der Beratende Ausschuss erstellt im Einklang mit der Satzung eine Liste der Kandidaten, die am besten geeignet sind, um zu Richtern des Gerichts ernannt zu werden.
(2) Der Verwaltungsausschuss ernennt auf Grundlage dieser Liste einvernehmlich die Richter des Gerichts.
(3) Die Durchführungsbestimmungen für die Ernennung der Richter werden in der Satzung festgelegt.
Artikel 17 - Richterliche Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
(1) Das Gericht, seine Richter und der Kanzler genießen rich terliche Unabhängigkeit. Bei der Ausübung ihrer Amtstätigkeit sind die Richter an keine Weisungen gebunden.
(2) Rechtlich qualifizierte Richter und technisch qualifizierte
Richter, die Vollzeitrichter des Gerichts sind, dürfen keine an
dere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben, es
sei denn, der Verwaltungsausschuss hat eine Ausnahme von
dieser Vorschrift zugelassen.
(3) Ungeachtet des Absatzes 2 schließt die Ausübung des
Richteramtes die Ausübung einer anderen richterlichen Tätigkeit
auf nationaler Ebene nicht aus.
(4) Die Ausübung des Amtes eines technisch qualifizierten
Richters, bei dem es sich um einen Teilzeitrichter des Gerichts
handelt, schließt die Ausübung anderer Aufgaben nicht aus,
sofern kein Interessenkonflikt besteht.
(5) Im Fall eines Interessenkonflikts nimmt der betreffende
Richter nicht am Verfahren teil. Die Vorschriften für die Be
handlung von Interessenkonflikten werden in der Satzung fest
gelegt.
Artikel 18 - Richterpool
(1) Nach Maßgabe der Satzung wird ein Richterpool eingerichtet.
(2) Dem Richterpool gehören alle rechtlich qualifizierten Richter und alle technisch qualifizierten Richter des Gerichts erster Instanz an, die Vollzeitrichter oder Teilzeitrichter des Gerichts sind. Dem Richterpool gehört für jedes Gebiet der Technik mindestens ein technisch qualifizierter Richter mit einschlägiger Qualifikation und Erfahrung an. Die technisch qualifizier ten Richter des Richterpools stehen auch dem Berufungsgericht zur Verfügung.
(3) Wenn in diesem Übereinkommen oder in der Satzung vorgesehen, werden die Richter aus dem Richterpool vom Präsidenten des Gerichts erster Instanz der betreffenden Kammer zugewiesen. Die Zuweisung der Richter erfolgt auf der Grund lage ihres jeweiligen rechtlichen oder technischen Sachverstands, ihrer Sprachkenntnisse und ihrer einschlägigen Erfahrung. Die Zuweisung von Richtern gewährleistet, dass sämtliche Spruch körper des Gerichts erster Instanz mit derselben hohen Qualität arbeiten und über dasselbe hohe Niveau an rechtlichem und technischem Sachverstand verfügen.
Artikel 19
Schulungsrahmen
(1) Um den verfügbaren Sachverstand auf dem Gebiet der
Patentstreitigkeiten zu verbessern und zu vermehren und eine
geografisch breite Streuung dieser speziellen Kenntnisse und
Erfahrungen sicherzustellen, wird ein Schulungsrahmen für
Richter geschaffen, der im Einzelnen in der Satzung festgelegt
wird. Die Einrichtung für diesen Schulungsrahmen befindet sich
in Budapest.
(2) Der Schulungsrahmen weist insbesondere folgende Schwerpunkte auf:
- a) Praktika bei nationalen Patentgerichten oder bei Kammern des Gerichts erster Instanz mit einem hohen Aufkommen an Patenstreitsachen;
- b) Verbesserung der Sprachkenntnisse;
- c) technische Aspekte des Patentrechts;
- d) Weitergabe von Kenntnissen und Erfahrungen in Bezug auf das Zivilverfahrensrecht für technisch qualifizierte Richter;
- e) Vorbereitung von Bewerbern für Richterstellen.
(3) Der Schulungsrahmen leistet eine kontinuierliche Schu lung. Es werden regelmäßige Sitzungen aller Richter des Ge richts veranstaltet, um die Entwicklungen im Patentrecht zu erörtern und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Gerichts zu gewährleisten.
KAPITEL IV - Vorrang des Unionsrechts sowie Haftung und Verantwortlichkeit der Vertragsmitgliedstaaten
Artikel 20
Vorrang und Achtung des Unionsrechts
Das Gericht wendet das Unionsrecht in vollem Umfang an und
achtet seinen Vorrang.
Artikel 21
Vorabentscheidungsersuchen
Als gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und Teil
ihres Gerichtssystems arbeitet das Gericht — wie jedes nationale
Gericht — mit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur
Gewährleistung der korrekten Anwendung und einheitlichen
Auslegung des Unionsrechts insbesondere im Einklang mit Ar
tikel 267 AEUV zusammen. Entscheidungen des Gerichtshofs
der Europäischen Union sind für das Gericht bindend.
Artikel 22 - Haftung für durch Verstöße gegen das Unionsrecht entstandene Schäden
(1) Die Vertragsmitgliedstaaten haften gesamtschuldnerisch für Schäden, die durch einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Unionsrecht entstanden sind, gemäß dem Unions recht über die außervertragliche Haftung der Mitgliedstaaten für Schäden, die durch Verstöße ihrer nationalen Gerichte gegen das Unionsrecht entstanden sind.
(2) Eine Klage wegen solcher Schäden ist gegen den Vertrags mitgliedstaat, in dem der Kläger seinen Wohnsitz oder den Sitz seiner Hauptniederlassung oder — in Ermangelung derselben — seinen Geschäftssitz hat, bei der zuständigen staatlichen Stelle dieses Vertragsmitgliedstaats zu erheben. Hat der Kläger seinen Wohnsitz oder den Sitz seiner Hauptniederlassung oder — in Ermangelung derselben — seinen Geschäftssitz nicht in einem Vertragsmitgliedstaat, so kann er seine Klage gegen den Ver tragsmitgliedstaat, in dem das Berufungsgericht seinen Sitz hat, bei der zuständigen staatlichen Stelle dieses Vertragsmit gliedstaats erheben.
Die zuständige staatliche Stelle wendet bei allen Fragen, die nicht im Unionsrecht oder in diesem Übereinkommen geregelt sind, die lex fori mit Ausnahme ihres internationalen Privatrechts an. Der Kläger hat Anspruch darauf, von dem Vertragsmitglied staat, gegen den er geklagt hat, die von der zuständigen staat lichen Stelle zuerkannte Schadenssumme in voller Höhe erstattet zu bekommen.
(3) Der Vertragsmitgliedstaat, der für die Schäden aufgekom men ist, hat einen Anspruch darauf, von den anderen Vertrags mitgliedstaaten anteilige Beiträge zu erlangen, die gemäß der Methode nach Artikel 37 Absätze 3 und 4 festzusetzen sind. Die Einzelheiten bezüglich der Beiträge der Vertragsmitgliedstaa ten nach diesem Absatz werden vom Verwaltungsausschuss fest gelegt.
Artikel 23
Verantwortlichkeit der Vertragsmitgliedstaaten
Handlungen des Gerichts sind jedem Vertragsmitgliedstaat ein
zeln, einschließlich für die Zwecke der Artikel 258, 259 und
260 AEUV, und allen Vertragsmitgliedstaaten gemeinsam un
mittelbar zuzurechnen.
KAPITEL V - Rechtsquellen und materielles Recht
Artikel 24
Rechtsquellen
(1) Unter uneingeschränkter Beachtung des Artikels 20 stützt
das Gericht seine Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten, in de
nen es nach diesem Übereinkommen angerufen wird, auf
a) das Unionsrecht einschließlich der Verordnung (EU)
Nr. 1257/2012 und der Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 ( 1 ),
b) dieses Übereinkommen,
c) das EPÜ,
d) andere internationale Übereinkünfte, die für Patente gelten
und für alle Vertragsmitgliedstaaten bindend sind, und
e) das nationale Recht.
(2) Soweit das Gericht seine Entscheidungen auf nationale
Rechtsvorschriften stützt, gegebenenfalls auch auf das Recht
von Nichtvertragsstaaten, wird das anwendbare Recht wie folgt
bestimmt:
a) durch unmittelbar anwendbare Vorschriften des Unions
rechts, die Bestimmungen des internationalen Privatrechts
enthalten, oder
b) in Ermangelung unmittelbar anwendbarer Vorschriften des
Unionsrechts oder in Fällen, in denen diese nicht anwendbar
sind, durch internationale Rechtsinstrumente, die Bestim
mungen des internationalen Privatrechts enthalten, oder
c) in Ermangelung von Vorschriften im Sinne der Buchstaben a
und b durch nationale Vorschriften zum internationalen Pri
vatrecht nach Bestimmung durch das Gericht.
(3) Das Recht von Nichtvertragsstaaten gilt insbesondere in
Bezug auf die Artikel 25 bis 28 und die Artikel 54, 55, 64, 68
und 72, wenn es in Anwendung der in Absatz 2 genannten
Vorschriften als anwendbares Recht bestimmt wird.
( 1 ) Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der verstärkten Zusammenarbeit im Be reich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen (ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 89) mit allen nachfolgenden Änderungen.
Artikel 25 - Recht auf Verbot der unmittelbaren Benutzung der Erfindung
Ein Patent gewährt seinem Inhaber das Recht, Dritten zu ver
bieten, ohne seine Zustimmung
a) ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen,
anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu
den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
b) ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden,
oder, falls der Dritte weiß oder hätte wissen müssen, dass die
Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patent
inhabers verboten ist, zur Anwendung im Hoheitsgebiet der
Vertragsmitgliedstaaten, in denen dieses Patent Wirkung hat,
anzubieten;
c) ein durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist,
unmittelbar hergestelltes Erzeugnis anzubieten, in Verkehr
zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken
einzuführen oder zu besitzen.
Artikel 26
Recht auf Verbot der mittelbaren Benutzung der Erfindung
(1) Ein Patent gewährt seinem Inhaber das Recht, Dritten zu
verbieten, ohne seine Zustimmung im Hoheitsgebiet der Ver
tragsmitgliedstaaten, in denen dieses Patent Wirkung hat, ande
ren als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten
Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Er
findung beziehen, zur Benutzung der Erfindung in diesem Ge
biet anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder hätte wissen müssen, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt
sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn es sich bei den Mitteln um
allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei
denn, dass der Dritte den Belieferten bewusst veranlasst, in einer
nach Artikel 25 verbotenen Weise zu handeln.
(3) Personen, die die in Artikel 27 Buchstaben a bis e ge
nannten Handlungen vornehmen, gelten nicht als zur Benut
zung der Erfindung berechtigte Personen im Sinne des
Absatzes 1.
Artikel 27
Beschränkungen der Wirkungen des Patents
Die Rechte aus einem Patent erstrecken sich nicht auf
a) Handlungen, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen
Zwecken vorgenommen werden;
b) Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegen
stand der patentierten Erfindung beziehen;
c) die Verwendung biologischen Materials zum Zwecke der
Züchtung, Entdeckung oder Entwicklung anderer Pflanzen
sorten;
d) erlaubte Handlungen nach Artikel 13 Absatz 6 der Richtlinie
2001/82/EG ( 1 ) oder Artikel 10 Absatz 6 der Richtlinie
2001/83/EG ( 2 ), im Hinblick auf alle Patente, die das Erzeug
nis im Sinne einer dieser Richtlinien erfassen;
e) die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in
Apotheken aufgrund ärztlicher Verordnung und auf Hand
lungen, welche die auf diese Weise zubereiteten Arzneimittel
betreffen;
f) den Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung an
Bord von Schiffen derjenigen Länder des Internationalen Ver
bands zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Ver
band) oder Mitglieder der Welthandelsorganisation, die nicht
zu den Vertragsmitgliedstaaten gehören, in denen das Patent
Wirkung hat, im Schiffskörper, in den Maschinen, im Takel
werk, an den Geräten und sonstigem Zubehör, wenn die
Schiffe vorübergehend oder zufällig in die Gewässer eines
Vertragsmitgliedstaats gelangen, in dem das Patent Wirkung
hat, vorausgesetzt, dieser Gegenstand wird dort ausschließlich für die Bedürfnisse des Schiffs verwendet;
( 1 ) Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes
für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1) mit allen
nachfolgenden Änderungen.
( 2 ) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes
für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67) mit
allen nachfolgenden Änderungen.
g) den Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung in
der Bauausführung oder für den Betrieb von Luft- oder Land
fahrzeugen oder sonstigen Transportmitteln derjenigen Län
der des Internationalen Verbands zum Schutz des gewerb
lichen Eigentums (Pariser Verband) oder Mitglieder der Welt
handelsorganisation, die nicht zu den Vertragsmitgliedstaaten
gehören, in denen das Patent Wirkung hat, oder des Zu
behörs solcher Luft- oder Landfahrzeuge, wenn diese vorü
bergehend oder zufällig in das Hoheitsgebiet eines Vertrags
mitgliedstaats gelangen, in dem das Patent Wirkung hat;
h) die in Artikel 27 des Abkommens vom 7. Dezember 1944
über die Internationale Zivilluftfahrt ( 1 ) genannten Handlun
gen, wenn diese Handlungen ein Luftfahrzeug eines Vertrags
staats jenes Abkommens betreffen, der nicht zu den Ver
tragsmitgliedstaaten gehört, in denen das Patent Wirkung
hat;
i) die Verwendung seines Ernteguts durch einen Landwirt zur
generativen oder vegetativen Vermehrung durch ihn selbst
im eigenen Betrieb, sofern das pflanzliche Vermehrungsmate
rial vom Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung zum
landwirtschaftlichen Anbau an den Landwirt verkauft oder
auf andere Weise in Verkehr gebracht wurde. Das Ausmaß
und die Modalitäten dieser Verwendung entsprechen denje
nigen des Artikels 14 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 ( 2 );
j) die Verwendung von geschützten landwirtschaftlichen Nutz
tieren durch einen Landwirt zu landwirtschaftlichen Zwe
cken, sofern die Zuchttiere oder anderes tierisches Vermeh
rungsmaterial vom Patentinhaber oder mit dessen Zustim
mung an den Landwirt verkauft oder auf andere Weise in
Verkehr gebracht wurden. Diese Verwendung erstreckt sich
auch auf die Überlassung der landwirtschaftlichen Nutztiere
oder des anderen tierischen Vermehrungsmaterials zur Aus
übung der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Landwirts, je
doch nicht auf seinen Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen
einer Vermehrung zu Erwerbszwecken;
k) Handlungen und die Verwendung von Informationen, die
gemäß den Artikeln 5 und 6 der Richtlinie 2009/24/EG ( 3 ),
insbesondere den Bestimmungen betreffend Dekompilierung
und Interoperabilität, erlaubt sind und
l) Handlungen, die gemäß Artikel 10 der Richtlinie
98/44/EG ( 4 ) erlaubt sind. Artikel 28
Recht des Vorbenutzers der Erfindung
Wer in einem Vertragsmitgliedstaat ein Vorbenutzungsrecht
oder ein persönliches Besitzrecht an einer Erfindung erworben
hätte, wenn ein nationales Patent für diese Erfindung erteilt
worden wäre, hat in diesem Vertragsmitgliedstaat die gleichen
Rechte auch in Bezug auf ein Patent, das diese Erfindung zum
Gegenstand hat.
Artikel 29 - Erschöpfung der Rechte aus einem europäischen Patent
Die durch das europäische Patent verliehenen Rechte erstrecken sich nicht auf Handlungen, die ein durch das Patent geschütztes Erzeugnis betreffen, nachdem das Erzeugnis vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden ist, es sei denn, der Patentinhaber hat berechtigte Gründe, sich dem weiteren Vertrieb des Erzeug nisses zu widersetzen.
Artikel 30 - Wirkung von ergänzenden Schutzzertifikaten
Das ergänzende Schutzzertifikat gewährt die gleichen Rechte wie das Patent und unterliegt den gleichen Beschränkungen und Verpflichtungen.
KAPITEL VI - Internationale und sonstige Zuständigkeit des Gerichts
Artikel 31 - Internationale Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts wird im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 oder gegebenenfalls auf Grundlage des Übereinkommens über die gerichtliche Zu ständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent scheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen) ( 5 ) bestimmt.
Artikel 32 - Zuständigkeit des Gerichts
(1) Das Gericht besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für
a) Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten und zugehörige Klageerwiderungen, einschließlich Widerklagen in Bezug auf Lizenzen,
- b) Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung von Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten,
( 1 ) Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), „Abkommen von Chicago“, Dokument 7300/9 (9. Ausgabe, 2006).
( 2 ) Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den
gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 227 vom 1.9.1994, S. 1)
mit allen nachfolgenden Änderungen.
( 3 ) Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogram
men (ABl. L 111 vom 5.5.2009, S. 16) mit allen nachfolgenden
Änderungen.
( 4 ) Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer
Erfindungen (ABl. L 213 vom 30.7.1998, S. 13) mit allen nach
folgenden Änderungen. ( 5 ) Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die An erkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, beschlossen am 30. Oktober 2007 in Lugano, mit allen nachfolgenden Änderungen.
c) Klagen auf Erlass von einstweiligen Maßnahmen und Siche
rungsmaßnahmen und einstweiligen Verfügungen,
d) Klagen auf Nichtigerklärung von Patenten und Nichtigerklä
rung der ergänzenden Schutzzertifikate,
e) Widerklagen auf Nichtigerklärung von Patenten und Nichtig
erklärung der ergänzenden Schutzzertifikate,
f) Klagen auf Schadenersatz oder auf Entschädigung aufgrund
des vorläufigen Schutzes, den eine veröffentlichte Anmel
dung eines europäischen Patents gewährt,
g) Klagen im Zusammenhang mit der Benutzung einer Erfin
dung vor der Erteilung eines Patents oder mit einem Vor
benutzungsrecht,
h) Klagen auf Zahlung einer Lizenzvergütung aufgrund von
Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 und
i) Klagen gegen Entscheidungen, die das Europäische Patentamt
in Ausübung der in Artikel 9 der Verordnung (EU)
Nr. 1257/2012 genannten Aufgaben getroffen hat.
(2) Für Klagen im Zusammenhang mit Patenten und ergän zenden Schutzzertifikaten, die nicht in die ausschließliche Zu ständigkeit des Gerichts fallen, sind weiterhin die nationalen Gerichte der Vertragsmitgliedstaaten zuständig.
Artikel 33 - Zuständigkeit der Kammern des Gerichts erster Instanz
(1) Unbeschadet des Absatzes 7 sind die in Artikel 32 Absatz 1 Buchstaben a, c, f und g genannten Klagen zu erheben bei a) der Lokalkammer in dem Vertragsmitgliedstaat, in dessen Gebiet die tatsächliche oder drohende Verletzung erfolgt ist oder möglicherweise erfolgen wird, oder bei der Regionalkammer, an der dieser Vertragsmitgliedstaat beteiligt ist, oder b) der Lokalkammer in dem Vertragsmitgliedstaat, in dessen Gebiet der Beklagte oder, bei mehreren Beklagten, einer der Beklagten seinen Wohnsitz oder den Sitz seiner Hauptnieder lassung oder — in Ermangelung derselben — seinen Ge schäftssitz hat, oder bei der Regionalkammer, an der dieser Vertragsmitgliedstaat beteiligt ist. Eine Klage gegen mehrere Beklagte ist nur dann zulässig, wenn zwischen diesen eine Geschäftsbeziehung besteht und die Klage denselben Verlet zungsvorwurf betrifft.
Die in Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe h genannten Klagen sind gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe b bei der Lokal- oder Regionalkammer zu erheben. Klagen gegen Beklagte, die ihren Wohnsitz oder den Sitz ihrer Hauptniederlassung oder — in Ermangelung derselben — ihren Geschäftssitz nicht im Gebiet der Vertragsmitgliedstaaten haben, sind gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a bei der Lokal- oder Regionalkammer zu erheben oder bei der Zentralkammer. Ist im betreffenden Vertragsmitgliedstaat keine Lokalkammer errichtet worden und ist dieser Vertragsmitgliedstaat nicht an einer Regionalkammer beteiligt, so sind die Klagen bei der Zentralkammer zu erheben.
(2) Ist eine Klage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstaben a, c, f, g oder h bei einer Kammer des Gerichts erster Instanz anhängig, so darf zwischen denselben Parteien zum selben Patent keine Klage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstaben a, c, f, g oder h bei einer anderen Kammer erhoben werden. Ist eine Klage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstabe a bei einer Regionalkammer anhängig und ist die Verletzung im Gebiet von mindestens drei Regionalkammern erfolgt, so ver weist die betreffende Regionalkammer das Verfahren auf Antrag des Beklagten an die Zentralkammer. Wird bei mehreren Kammern eine Klage erhoben, die dieselben Parteien und dasselbe Patent betrifft, so ist die zuerst angerufene Kammer für das gesamte Verfahren zuständig und jede später angerufene Kammer erklärt die Klage im Einklang mit der Ver fahrensordnung für unzulässig.
(3) Im Fall einer Verletzungsklage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstabe a kann eine Widerklage auf Nichtigerklärung im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstabe e erhoben werden. Die betreffende Lokal- oder Regionalkammer kann nach Anhörung der Parteien nach eigenem Ermessen beschließen,
- a) sowohl die Verletzungsklage als auch die Widerklage auf Nichtigerklärung zu verhandeln und den Präsidenten des Gerichts erster Instanz zu ersuchen, ihr aus dem Richterpool gemäß Artikel 18 Absatz 3 einen technisch qualifizierten Richter zuzuweisen, der über entsprechende Qualifikation und Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet der Technik ver fügt,
b) die Widerklage auf Nichtigerklärung zur Entscheidung an die Zentralkammer zu verweisen und das Verletzungsverfahren auszusetzen oder fortzuführen oder
c) den Fall mit Zustimmung der Parteien zur Entscheidung an die Zentralkammer zu verweisen.
(4) Die in Artikel 32 Absatz 1 Buchstaben b und d genann ten Klagen sind bei der Zentralkammer zu erheben. Wurde jedoch bereits bei einer Lokal- oder Regionalkammer eine Ver letzungsklage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstabe a zwischen denselben Parteien zum selben Patent erhoben, so dürfen diese Klagen nur vor derselben Lokal- oder Regionalkam mer erhoben werden.
(5) Ist eine Klage auf Nichtigerklärung im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstabe d bei der Zentralkammer anhängig, so kann gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels bei jeder Kammer oder bei der Zentralkammer zwischen denselben Parteien zum selben Patent eine Verletzungsklage im Sinne des Artikels
32 Absatz 1 Buchstabe a erhoben werden. Die betreffende Lokal- oder Regionalkammer kann nach ihrem Ermessen gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels verfahren.
(6) Eine Klage zur Feststellung der Nichtverletzung im Sinne
des Artikels 32 Absatz 1 Buchstabe b, die bei der Zentralkam
mer anhängig ist, wird ausgesetzt, wenn innerhalb von drei
Monaten nach Klageerhebung vor der Zentralkammer bei einer
Lokal- oder Regionalkammer zwischen denselben Parteien oder
zwischen dem Inhaber einer ausschließlichen Lizenz und der
Partei, die die Feststellung der Nichtverletzung beantragt hat,
zum selben Patent eine Verletzungsklage im Sinne des Artikels
32 Absatz 1 Buchstabe a erhoben wird.
(7) Die Parteien können bei Klagen im Sinne des Artikels 32
Absatz 1 Buchstaben a bis h übereinkommen, ihre Klage bei der
Kammer ihrer Wahl, auch bei der Zentralkammer, zu erheben.
(8) Die in Artikel 32 Absatz 1 Buchstaben d und e genann
ten Klagen können erhoben werden, ohne dass der Kläger zuvor
Einspruch beim Europäischen Patentamt einlegen muss.
(9) Die in Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i genannten Klagen
sind bei der Zentralkammer zu erheben.
(10) Die Parteien unterrichten das Gericht über alle beim
Europäischen Patentamt anhängigen Nichtigerklärungs-, Be
schränkungs- oder Einspruchsverfahren und über jeden Antrag
auf beschleunigte Bearbeitung beim Europäischen Patentamt.
Das Gericht kann das Verfahren aussetzen, wenn eine rasche
Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist.
Artikel 34
Räumlicher Geltungsbereich von Entscheidungen
Die Entscheidungen des Gerichts gelten im Falle eines europäi
schen Patents für das Hoheitsgebiet derjenigen Vertragsmitglied
staaten, für die das europäische Patent Wirkung hat. KAPITEL VII
Mediation und Schiedsverfahren in Patentsachen
Artikel 35
Mediations- und Schiedszentrum für Patentsachen
(1) Es wird ein Mediations- und Schiedszentrum für Patent
sachen (im Folgenden „Zentrum“) errichtet. Es hat seine Sitze in
Laibach und Lissabon.
(2) Das Zentrum stellt Dienste für Mediation und Schieds
verfahren in Patentstreitigkeiten, die unter dieses Übereinkom
men fallen, zur Verfügung. Artikel 82 gilt für jeden Vergleich,
der durch die Inanspruchnahme der Dienste des Zentrums, auch
im Wege der Mediation, erreicht worden ist, entsprechend. In
Mediations- und in Schiedsverfahren darf ein Patent jedoch we
der für nichtig erklärt noch beschränkt werden.
(3) Das Zentrum legt eine Mediations- und Schiedsordnung
fest.
(4) Das Zentrum stellt ein Verzeichnis der Mediatoren und
Schiedsrichter auf, die die Parteien bei der Streitbeilegung unter
stützen.
TEIL II
FINANZVORSCHRIFTEN
Artikel 36
Haushalt des Gerichts
(1) Der Haushalt des Gerichts wird aus den eigenen Einnah
men des Gerichts und erforderlichenfalls — zumindest in der
Übergangszeit nach Artikel 83 — aus Beiträgen der Vertrags
mitgliedstaaten finanziert. Der Haushaltsplan muss ausgeglichen
sein.
(2) Die eigenen Einnahmen des Gerichts bestehen aus den
Gerichtsgebühren und den sonstigen Einnahmen.
(3) Die Gerichtsgebühren werden vom Verwaltungsausschuss
festgesetzt. Sie umfassen eine Festgebühr in Kombination mit
einer streitwertabhängigen Gebühr oberhalb einer vorab fest
gesetzten Schwelle. Die Höhe der Gerichtsgebühren wird so
festgesetzt, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen
dem Grundsatz eines fairen Zugangs zum Recht — insbeson
dere für kleine und mittlere Unternehmen, Kleinstunternehmen,
natürliche Personen, Organisationen ohne Erwerbszweck, Hoch
schulen und öffentliche Forschungseinrichtungen — und einer
angemessenen Beteiligung der Parteien an den dem Gericht ent
standenen Kosten gewährleistet ist, wobei der wirtschaftliche
Nutzen für die beteiligten Parteien und das Ziel der Eigenfinan
zierung und ausgeglichener Finanzmittel des Gerichts berück
sichtigt werden. Die Höhe der Gerichtsgebühren wird vom Ver
waltungsausschuss regelmäßig überprüft. Für kleine und mittlere
Unternehmen und Kleinstunternehmen können gezielte Unter
stützungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden.
(4) Ist das Gericht nicht in der Lage, mit seinen Eigenmitteln
einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen, so stellen ihm die
Vertragsmitgliedstaaten besondere Finanzbeiträge zur Ver
fügung.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/11Artikel 37
Finanzierung des Gerichts
(1) Die Betriebskosten des Gerichts werden gemäß der Sat
zung vom Haushalt des Gerichts gedeckt.
Vertragsmitgliedstaaten, die eine Lokalkammer errichten, stellen
die hierfür erforderlichen Einrichtungen zur Verfügung. Ver
tragsmitgliedstaaten mit einer gemeinsamen Regionalkammer
stellen gemeinsam die hierfür erforderlichen Einrichtungen zur
Verfügung. Vertragsmitgliedstaaten, in denen die Zentralkam
mer, deren Abteilungen oder das Berufungsgericht errichtet wer
den, stellen die hierfür erforderlichen Einrichtungen zur Ver
fügung. Während eines ersten Übergangszeitraums von sieben
Jahren ab Inkrafttreten dieses Übereinkommens stellen die be
treffenden Vertragsmitgliedstaaten zudem Verwaltungspersonal
zur Unterstützung zur Verfügung; das für dieses Personal gel
tende Statut bleibt hiervon unberührt.
(2) Die Vertragsmitgliedstaaten leisten am Tag des Inkrafttre
tens dieses Übereinkommens die ersten finanziellen Beiträge, die
zur Errichtung des Gerichts erforderlich sind.
(3) Während des ersten Übergangszeitraums von sieben Jah
ren ab Inkrafttreten dieses Übereinkommens bemessen sich die
Beiträge der einzelnen Vertragsmitgliedstaaten, die das Überein
kommen bereits vor seinem Inkrafttreten ratifiziert haben oder
ihm beigetreten sind, nach der Zahl der europäischen Patente,
die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens in
ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet Wirkung haben, und der Zahl
der europäischen Patente, zu denen bei ihren nationalen Gerich
ten in den drei Jahren vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkom
mens Verletzungsklagen- oder Klagen auf Nichtigerklärung er
hoben worden sind.
Während dieses ersten Übergangszeitraums von sieben Jahren
bemessen sich die Beiträge der Mitgliedstaaten, die das Über
einkommen nach seinem Inkrafttreten ratifizieren oder ihm bei
treten, nach der Zahl der europäischen Patente, die zum Zeit
punkt der Ratifikation oder des Beitritts im Hoheitsgebiet des
jeweiligen ratifizierenden oder beitretenden Mitgliedstaats Wir
kung haben, und der Zahl der europäischen Patente, zu denen
bei ihren nationalen Gerichten in den drei Jahren vor der Rati
fikation oder dem Beitritt Verletzungsklagen oder Klagen auf
Nichtigerklärung erhoben worden sind.
(4) Werden nach Ablauf des ersten Übergangszeitraums von
sieben Jahren — der Zeitpunkt, zu dem erwartet wird, dass das
Gericht die Eigenfinanzierung erreicht — Beiträge der Vertrags
mitgliedstaaten erforderlich, so werden diese nach dem Vertei
lerschlüssel für die Jahresgebühren für europäische Patente mit
einheitlicher Wirkung festgelegt, der zu dem Zeitpunkt gilt, zu
dem die Beiträge nötig werden. Artikel 38
Finanzierung des Schulungsrahmens für Richter
Der Schulungsrahmen für Richter wird aus dem Haushalt des
Gerichts finanziert.
Artikel 39
Finanzierung des Zentrums
Die Betriebskosten des Zentrums werden aus dem Haushalt des
Gerichts finanziert.
TEIL III
ORGANISATION UND VERFAHRENSVORSCHRIFTEN
KAPITEL I
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 40
Satzung
(1) In der Satzung werden die Einzelheiten der Organisation
und der Arbeitsweise des Gerichts geregelt.
(2) Die Satzung ist diesem Übereinkommen als Anhang bei
gefügt. Die Satzung kann auf Vorschlag des Gerichts oder auf
Vorschlag eines Vertragsmitgliedstaats nach Konsultation des
Gerichts durch einen Beschluss des Verwaltungsausschusses ge
ändert werden. Diese Änderungen dürfen jedoch weder im Wi
derspruch zu diesem Übereinkommen stehen, noch zu seiner
Änderung führen.
(3) Die Satzung gewährleistet, dass die Arbeitsweise des Ge
richts so effizient und kostenwirksam wie möglich organisiert
wird und dass ein fairer Zugang zum Recht sichergestellt ist.
Artikel 41
Verfahrensordnung
(1) Die Verfahrensordnung regelt die Einzelheiten der Ver
fahren vor dem Gericht. Sie steht mit diesem Übereinkommen
und der Satzung im Einklang.
(2) Die Verfahrensordnung wird nach eingehender Konsulta
tion der Beteiligten vom Verwaltungsausschuss angenommen.
Zuvor ist eine Stellungnahme der Europäischen Kommission
zur Vereinbarkeit der Verfahrensordnung mit dem Unionsrecht
einzuholen.
Die Verfahrensordnung kann auf Vorschlag des Gerichts und
nach Konsultation der Europäischen Kommission durch einen
Beschluss des Verwaltungsausschusses geändert werden. Diese
Änderungen dürfen jedoch weder im Widerspruch zu diesem
Übereinkommen oder der Satzung stehen, noch zur Änderung
dieses Übereinkommens oder der Satzung führen.DE C 175/12 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(3) Die Verfahrensordnung gewährleistet, dass die Entschei
dungen des Gerichts höchsten Qualitätsansprüchen genügen
und dass die Verfahren so effizient und kostenwirksam wie
möglich durchgeführt werden. Sie gewährleistet einen fairen
Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen aller Parteien.
Sie verschafft den Richtern den erforderlichen Ermessensspiel
raum, ohne die Vorhersagbarkeit des Verfahrens für die Parteien
zu beeinträchtigen.
Artikel 42
Verhältnismäßigkeit und Fairness
(1) Das Gericht führt die Verfahren auf eine ihrer Bedeutung
und Komplexität angemessene Art und Weise durch.
(2) Das Gericht gewährleistet, dass die in diesem Überein
kommen und in der Satzung vorgesehenen Vorschriften, Ver
fahren und Rechtsbehelfe auf faire und ausgewogene Weise
angewandt werden und den Wettbewerb nicht verzerren.
Artikel 43
Fallbearbeitung
Das Gericht leitet die bei ihm anhängige Verfahren aktiv nach
Maßgabe der Verfahrensordnung, ohne das Recht der Parteien
zu beeinträchtigen, den Gegenstand und die ihren Vortrag stüt
zenden Beweismittel ihrer Rechtsstreitigkeit zu bestimmen.
Artikel 44
Elektronische Verfahren
Das Gericht macht nach Maßgabe der Verfahrensordnung den
bestmöglichen Gebrauch von elektronischen Verfahren, wie der
elektronischen Einreichung von Parteivorbringen und Beweisan
tritten, sowie von Videokonferenzen.
Artikel 45
Öffentlichkeit der Verhandlungen
Die Verhandlungen sind öffentlich, es sei denn, das Gericht
beschließt, soweit erforderlich, sie im Interesse einer der Parteien
oder sonstiger Betroffener oder im allgemeinen Interesse der
Justiz oder der öffentlichen Ordnung unter Ausschluss der Öf
fentlichkeit zu führen.
Artikel 46
Parteifähigkeit
Jede natürliche oder juristische Person oder jede einer juristi
schen Person gleichgestellte Gesellschaft, die nach dem für sie
geltenden nationalen Recht berechtigt ist, ein Verfahren an
zustrengen, kann in Verfahren, die beim Gericht anhängig sind,
Partei sein.
Artikel 47
Parteien
(1) Der Patentinhaber ist berechtigt, das Gericht anzurufen. (2) Sofern in der Lizenzvereinbarung nichts anderes be
stimmt ist, hat der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz in
Bezug auf ein Patent das Recht, in gleicher Weise wie der Pa
tentinhaber das Gericht anzurufen, vorausgesetzt, der Patent
inhaber wurde zuvor unterrichtet.
(3) Der Inhaber einer nicht ausschließlichen Lizenz ist nicht
berechtigt, das Gericht anzurufen, es sei denn, der Patentinhaber
wurde zuvor unterrichtet und die Lizenzvereinbarung lässt dies
ausdrücklich zu.
(4) Dem von einem Lizenzinhaber angestrengten Verfahren
kann der Patentinhaber als Partei beitreten.
(5) Die Rechtsgültigkeit eines Patents kann im Rahmen einer
Verletzungsklage, die vom Inhaber einer Lizenz erhoben wurde,
nicht angefochten werden, wenn der Patentinhaber nicht an
dem Verfahren teilnimmt. Die Partei, die im Rahmen einer Ver
letzungsklage die Rechtsgültigkeit eines Patents anfechten will,
muss eine Klage gegen den Patentinhaber erheben.
(6) Jede andere natürliche oder juristische Person oder jede
Vereinigung, die von einem Patent betroffen und nach dem für
sie geltenden nationalen Recht berechtigt ist, Klage zu erheben,
kann nach Maßgabe der Verfahrensordnung Klage erheben.
(7) Jede natürliche oder juristische Person und jede Vereini
gung, die nach dem für sie geltenden nationalen Recht berech
tigt ist, ein Verfahren anzustrengen, und die von einer Entschei
dung betroffen ist, die das Europäische Patentamt in Ausübung
der in Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 genannten
Aufgaben getroffen hat, ist berechtigt, eine Klage nach Artikel 32
Absatz 1 Buchstabe i zu erheben.
Artikel 48
Vertretung
(1) Die Parteien werden von Anwälten vertreten, die bei einem Gericht eines Vertragsmitgliedstaats zugelassen sind.
(2) Die Parteien können alternativ von einem europäischen Patentanwalt vertreten werden, der gemäß Artikel 134 EPÜ befugt ist, vor dem Europäischen Patentamt als zugelassener Vertreter aufzutreten, und die erforderliche Qualifikation hat, beispielsweise ein Zertifikat zur Führung europäischer Patent streitverfahren.
(3) Die Anforderungen an die Qualifikation gemäß Absatz 2
werden vom Verwaltungsausschuss festgelegt. Der Kanzler führt
ein Verzeichnis europäischer Patentanwälte, die befugt sind, Par
teien vor Gericht zu vertreten.
(4) Die Vertreter der Parteien können sich von Patentanwäl
ten unterstützen lassen, die in Verhandlungen vor Gericht im
Einklang mit der Verfahrensordnung das Wort ergreifen dürfen.
(5) Die Vertreter der Parteien genießen nach Maßgabe der Verfahrensordnung die zur unabhängigen Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Rechte und Befreiungen, darunter das Recht, Mitteilungen zwischen einem Vertreter und der Partei oder jeder anderen Person im gerichtlichen Verfahren nicht offenlegen zu müssen, sofern die betreffende Partei nicht aus
drücklich auf dieses Recht verzichtet.
(6) Die Vertreter der Parteien dürfen Fälle oder Sachverhalte vor dem Gericht weder wissentlich noch aufgrund fahrlässiger Unkenntnis falsch darstellen.
(7) Eine Vertretung gemäß den Absätzen 1 und 2 des vor liegenden Artikels ist in Verfahren nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i nicht erforderlich.
KAPITEL II - Verfahrenssprache
Artikel 49 - Verfahrenssprache vor dem Gericht erster Instanz
(1) Verfahrenssprache vor einer Lokal- oder Regionalkammer ist eine Amtssprache der Europäischen Union, die die Amts sprache oder eine der Amtssprachen des Vertragsmitgliedstaats ist, in dessen Gebiet sich die betreffende Kammer befindet, oder die Amtssprache(n), die von den Vertragsmitgliedstaaten mit einer gemeinsamen Regionalkammer bestimmt wird/werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 können die Vertragsmitglied staaten eine oder mehrere der Amtssprachen des Europäischen Patentamts als Verfahrenssprache(n) ihrer Lokal- oder Regional kammer bestimmen.
(3) Die Parteien können vorbehaltlich der Billigung durch den zuständigen Spruchkörper vereinbaren, die Sprache, in der das Patent erteilt wurde, als Verfahrenssprache zu verwenden. Billigt der betreffende Spruchkörper die Wahl der Parteien nicht, so können die Parteien beantragen, dass der Fall an die Zen tralkammer verwiesen wird.
(4) Mit Zustimmung der Parteien kann der zuständige Spruchkörper aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Fairness beschließen, dass die Sprache, in der das Patent erteilt wurde, als Verfahrenssprache verwendet wird.
(5) Auf Ersuchen einer der Parteien und nach Anhörung der anderen Parteien und des zuständigen Spruchkörpers kann der Präsident des Gerichts erster Instanz aus Gründen der Fairness und unter Berücksichtigung aller erheblichen Umstände — ein schließlich der Standpunkte der Parteien und insbesondere des Standpunkts des Beklagten — beschließen, dass die Sprache, in der das Patent erteilt wurde, als Verfahrenssprache verwendet wird. In diesem Fall prüft der Präsident des Gerichts erster Instanz, inwieweit besondere Übersetzungs- und Dolmetschvor kehrungen getroffen werden müssen.
(6) Verfahrenssprache vor der Zentralkammer ist die Sprache, in der das betreffende Patent erteilt wurde.
Artikel 50 - Verfahrenssprache vor dem Berufungsgericht
(1) Verfahrenssprache vor dem Berufungsgericht ist die Ver fahrenssprache vor dem Gericht erster Instanz.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 können die Parteien verein
baren, die Sprache, in der das Patent erteilt wurde, als Verfah
renssprache zu verwenden.
(3) In Ausnahmefällen und soweit dies angemessen erscheint,
kann das Berufungsgericht mit Zustimmung der Parteien eine
andere Amtssprache eines Vertragsmitgliedstaats als Verfahrens
sprache für das gesamte Verfahren oder einen Teil des Verfah
rens bestimmen.
Artikel 51
Weitere Sprachenregelungen
(1) Alle Spruchkörper des Gerichts erster Instanz und das
Berufungsgericht können auf eine Übersetzung verzichten, so
weit dies angemessen erscheint.
(2) Alle Kammern des Gerichts erster Instanz und das Beru
fungsgericht sehen, soweit dies angemessen erscheint, auf Ver
langen einer der Parteien eine Verdolmetschung vor, um die
betreffenden Parteien bei mündlichen Verfahren zu unterstützen.
(3) Wird bei der Zentralkammer eine Verletzungsklage er
hoben, so hat ein Beklagter, der seinen Wohnsitz, den Sitz
seiner Hauptniederlassung oder seinen Geschäftssitz in einem
Mitgliedstaat hat, ungeachtet des Artikels 49 Absatz 6 Anspruch
darauf, dass relevante Dokumente auf seinen Antrag hin in die
Sprache des Mitgliedstaats, in dem er seinen Wohnsitz oder den
Sitz seiner Hauptniederlassung oder — in Ermangelung dersel
ben — seinen Geschäftssitz hat, übersetzt werden, sofern
a) die Zuständigkeit gemäß Artikel 33 Absatz 1 Unterabsatz 3
oder 4 bei der Zentralkammer liegt,
b) die Verfahrenssprache vor der Zentralkammer keine Amts
sprache des Mitgliedstaats ist, in dem der Beklagte seinen
Wohnsitz oder den Sitz seiner Hauptniederlassung oder —
in Ermangelung derselben — seinen Geschäftssitz hat, und
c) der Beklagte nicht über ausreichende Kenntnisse der Verfah
renssprache verfügt.DE C 175/14 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013KAPITEL III
Verfahren vor dem Gericht
Artikel 52
Schriftliches Verfahren, Zwischenverfahren und
mündliches Verfahren
(1) Das Verfahren vor dem Gericht umfasst nach Maßgabe
der Verfahrensordnung ein schriftliches Verfahren, ein Zwi
schenverfahren und ein mündliches Verfahren. Alle Verfahren
werden auf flexible und ausgewogene Weise durchgeführt.
(2) Im Rahmen des sich an das schriftliche Verfahren an
schließenden Zwischenverfahrens obliegt es gegebenenfalls und
vorbehaltlich eines Mandats des gesamten Spruchkörpers dem
als Berichterstatter tätigen Richter, eine Zwischenanhörung ein
zuberufen. Dieser Richter prüft zusammen mit den Parteien
insbesondere die Möglichkeit eines Vergleichs, auch im Wege
der Mediation, und/oder eines Schiedsverfahrens unter In
anspruchnahme der Dienste des in Artikel 35 genannten Zen
trums.
(3) Im Rahmen des mündlichen Verfahrens erhalten die Par
teien Gelegenheit zur ordnungsgemäßen Darlegung ihrer Argu
mente. Das Gericht kann mit Zustimmung der Parteien ohne
mündliche Anhörung entscheiden.
Artikel 53
Beweismittel
(1) In den Verfahren vor dem Gericht sind insbesondere fol
gende Beweismittel zulässig:
a) Anhörung der Parteien;
b) Einholung von Auskünften;
c) Vorlage von Urkunden;
d) Vernehmung von Zeugen;
e) Gutachten durch Sachverständige;
f) Einnahme des Augenscheins;
g) Vergleichstests oder Versuche;
h) Abgabe einer schriftlichen eidesstattlichen Erklärung (Affida
vit).
(2) Die Verfahrensordnung regelt das Verfahren zur Durch
führung der Beweisaufnahme. Die Vernehmung der Zeugen und
Sachverständigen erfolgt unter der Aufsicht des Gerichts und
beschränkt sich auf das notwendige Maß.
Artikel 54
Beweislast
Die Beweislast für Tatsachen trägt unbeschadet des Artikels 24
Absätze 2 und 3 die Partei, die sich auf diese Tatsachen beruft. Artikel 55
Umkehr der Beweislast
(1) Ist der Gegenstand eines Patents ein Verfahren zur Her
stellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt unbeschadet des Ar
tikels 24 Absätze 2 und 3 bis zum Beweis des Gegenteils jedes
identische ohne Zustimmung des Patentinhabers hergestellte Er
zeugnis als nach dem patentierten Verfahren hergestellt.
(2) Der Grundsatz des Absatzes 1 gilt auch, wenn mit erheb
licher Wahrscheinlichkeit das identische Erzeugnis nach dem
patentierten Verfahren hergestellt wurde und es dem Patentinha
ber trotz angemessener Bemühungen nicht gelungen ist, das
tatsächlich für solch ein identisches Erzeugnis angewandte Ver
fahren festzustellen.
(3) Bei der Führung des Beweises des Gegenteils werden die
berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner
Produktions- und Geschäftsgeheimnisse berücksichtigt.
KAPITEL IV
Befugnisse des Gerichts
Artikel 56
Allgemeine Befugnisse des Gerichts
(1) Das Gericht kann die in diesem Übereinkommen fest
gelegten Maßnahmen, Verfahren und Abhilfemaßnahmen an
ordnen und seine Anordnungen nach Maßgabe der Verfahrens
ordnung von Bedingungen abhängig machen.
(2) Das Gericht trägt den Interessen der Parteien gebührend
Rechnung und gewährt den Parteien vor Erlass einer Anordnung
rechtliches Gehör, es sei denn, dies ist mit der wirksamen
Durchsetzung der Anordnung nicht vereinbar.
Artikel 57
Gerichtssachverständige
(1) Das Gericht kann unbeschadet der für die Parteien beste
henden Möglichkeit, Sachverständigenbeweise vorzulegen, jeder
zeit Gerichtssachverständige bestellen, damit diese Gutachten zu
bestimmten Aspekten einer Rechtsstreitigkeit abgeben. Das Ge
richt stellt dem bestellten Sachverständigen alle Informationen
zur Verfügung, die er benötigt, um sein Gutachten erstatten zu
können.
(2) Hierzu erstellt das Gericht nach Maßgabe der Verfahrens
ordnung ein nicht verbindliches Verzeichnis von Sachverständi
gen. Dieses Verzeichnis wird vom Kanzler geführt.
(3) Die Gerichtssachverständigen müssen die Gewähr für Un
abhängigkeit und Unparteilichkeit bieten. Die für Richter gelten
den Vorschriften des Artikels 7 der Satzung für die Regelung
von Interessenkonflikten gelten für die Gerichtssachverständigen
entsprechend.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/15(4) Die dem Gericht von den Gerichtssachverständigen vor
gelegten Gutachten werden den Parteien zur Verfügung gestellt;
diese erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Artikel 58
Schutz vertraulicher Informationen
Das Gericht kann zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, per
sonenbezogenen Daten oder sonstigen vertraulichen Informatio
nen einer Verfahrenspartei oder eines Dritten oder zur Verhin
derung eines Missbrauchs von Beweismitteln anordnen, dass die
Erhebung und Verwendung von Beweisen in den vor ihm ge
führten Verfahren eingeschränkt oder für unzulässig erklärt wer
den oder der Zugang zu solchen Beweismitteln auf bestimmte
Personen beschränkt wird.
Artikel 59 - Anordnung der Beweisvorlage
(1) Auf Antrag einer Partei, die alle vernünftigerweise verfüg baren Beweismittel zur hinreichenden Begründung ihrer An sprüche vorgelegt und die in der Verfügungsgewalt der gegne rischen Partei oder einer dritten Partei befindlichen Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche bezeichnet hat, kann das Ge richt die Vorlage dieser Beweismittel durch die gegnerische Par tei oder eine dritte Partei anordnen, sofern der Schutz vertrau licher Informationen gewährleistet wird. Eine solche Anordnung darf nicht zu einer Pflicht zur Selbstbelastung führen.
(2) Das Gericht kann auf Antrag einer Partei unter den Vo raussetzungen des Absatzes 1 die Übermittlung von in der Ver fügungsgewalt der gegnerischen Partei befindlichen Bank-, Fi nanz- oder Handelsunterlagen anordnen, sofern der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird.
Artikel 60 - Anordnung der Beweissicherung und der Inspektion von Räumlichkeiten
(1) Auf Ersuchen des Antragstellers, der alle vernünftiger weise verfügbaren Beweismittel zur Begründung der Behaup tung, dass das Patent verletzt worden ist oder verletzt zu wer den droht, vorgelegt hat, kann das Gericht selbst vor Einleitung eines Verfahrens in der Sache schnelle und wirksame einstwei lige Maßnahmen zur Sicherung der rechtserheblichen Beweis mittel hinsichtlich der behaupteten Verletzung anordnen, sofern der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird.
(2) Diese Maßnahmen können die ausführliche Beschreibung mit oder ohne Einbehaltung von Mustern oder die dingliche Beschlagnahme der verletzenden Erzeugnisse sowie gegebenen falls der für die Herstellung und/oder den Vertrieb dieser Er zeugnisse verwendeten Materialien und Geräte und der zugehörigen Unterlagen umfassen.
(3) Das Gericht kann selbst vor Einleitung eines Verfahrens
in der Sache auf Ersuchen des Antragstellers, der Beweismittel
zur Begründung der Behauptung, dass das Patent verletzt wor
den ist oder verletzt zu werden droht, vorgelegt hat, die Inspektion von Räumlichkeiten anordnen. Eine Inspektion von
Räumlichkeiten wird von einer vom Gericht nach Maßgabe der
Verfahrensordnung bestellten Person vorgenommen.
(4) Der Antragsteller ist bei der Inspektion der Räumlichkei
ten nicht zugegen; er kann sich jedoch von einem unabhängi
gen Fachmann vertreten lassen, der in der gerichtlichen Anord
nung namentlich zu nennen ist.
(5) Die Maßnahmen werden nötigenfalls ohne Anhörung der
anderen Partei angeordnet, insbesondere dann, wenn durch eine
Verzögerung dem Inhaber des Patents wahrscheinlich ein nicht
wiedergutzumachender Schaden entstünde, oder wenn nach
weislich die Gefahr besteht, dass Beweise vernichtet werden.
(6) Werden Maßnahmen zur Beweissicherung oder Inspek
tion von Räumlichkeiten ohne Anhörung der anderen Partei
angeordnet, so sind die betroffenen Parteien unverzüglich, spä
testens jedoch unmittelbar nach Vollziehung der Maßnahmen
davon in Kenntnis zu setzen. Auf Antrag der betroffenen Par
teien findet eine Prüfung, die das Recht zur Stellungnahme ein
schließt, mit dem Ziel statt, innerhalb einer angemessenen Frist
nach der Mitteilung der Maßnahmen zu entscheiden, ob diese
abgeändert, aufgehoben oder bestätigt werden müssen.
(7) Die Maßnahmen zur Beweissicherung können davon ab
hängig gemacht werden, dass der Antragsteller eine angemes
sene Kaution stellt oder eine entsprechende Sicherheit leistet,
um gemäß Absatz 9 eine Entschädigung des Antragsgegners
für den von diesem erlittenen Schaden sicherzustellen.
(8) Das Gericht stellt sicher, dass die Maßnahmen zur Be
weissicherung auf Antrag des Antragsgegners unbeschadet et
waiger Schadensersatzforderungen aufgehoben oder auf andere
Weise außer Kraft gesetzt werden, wenn der Antragsteller nicht
innerhalb einer Frist — die 31 Kalendertage oder 20 Arbeitstage
nicht überschreitet, wobei der längere der beiden Zeiträume gilt
— bei dem Gericht eine Klage anstrengt, die zu einer Sachent
scheidung führt.
(9) Werden Maßnahmen zur Beweissicherung aufgehoben
oder werden sie aufgrund einer Handlung oder Unterlassung
des Antragstellers hinfällig, oder wird in der Folge festgestellt,
dass keine Verletzung oder drohende Verletzung des Patents
vorlag, so kann das Gericht auf Antrag des Antragsgegners
anordnen, dass der Antragsteller dem Antragsgegner angemes
sen Ersatz für einen aufgrund dieser Maßnahmen entstandenen
Schaden zu leisten hat.
Artikel 61
Arrest
(1) Auf Ersuchen des Antragstellers, der alle vernünftiger
weise verfügbaren Beweismittel zur Begründung der Behaup
tung, dass das Patent verletzt worden ist oder verletzt zu wer
den droht, vorgelegt hat, kann das Gericht selbst vor Einleitung
eines Verfahrens in der Sache einer Partei untersagen, Ver
mögensgegenstände aus seinem Zuständigkeitsbereich zu ver
bringen oder über Vermögensgegenständen zu verfügen, un
abhängig davon, ob sie sich in seinem Zuständigkeitsbereich
befinden oder nicht.DE C 175/16 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(2) Artikel 60 Absätze 5 bis 9 gelten für die in diesem
Artikel genannten Maßnahmen entsprechend.
Artikel 62
Einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen
(1) Das Gericht kann im Wege einer Anordnung gegen einen
angeblichen Verletzer oder eine Mittelsperson, deren Dienste der
angebliche Verletzer in Anspruch nimmt, Verfügungen erlassen,
um eine drohende Verletzung zu verhindern, die Fortsetzung
der angeblichen Verletzung einstweilig und gegebenenfalls unter
Androhung von Zwangsgeldern zu untersagen oder die Fortset
zung an die Stellung von Sicherheiten zu knüpfen, durch die
eine Entschädigung des Rechtsinhabers gewährleistet werden
soll.
(2) Das Gericht wägt nach Ermessen die Interessen der Par
teien gegeneinander ab und berücksichtigt dabei insbesondere
den möglichen Schaden, der einer der Parteien aus dem Erlass
der Verfügung oder der Abweisung des Antrags erwachsen
könnte.
(3) Das Gericht kann auch die Beschlagnahme oder Heraus
gabe der Erzeugnisse, bei denen der Verdacht auf Verletzung des
Patents besteht, anordnen, um deren Inverkehrbringen und Um
lauf auf den Vertriebswegen zu verhindern. Das Gericht kann
die vorsorgliche Beschlagnahme beweglichen und unbeweg
lichen Vermögens des angeblichen Verletzers einschließlich der
Sperrung der Bankkonten und der Beschlagnahme sonstiger
Vermögenswerte des angeblichen Verletzers anordnen, wenn
der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Erfüllung seiner
Schadensersatzforderung fraglich ist.
(4) Im Falle der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3
kann das Gericht dem Antragsteller auferlegen, alle vernünftiger
weise verfügbaren Beweise vorzulegen, um sich mit ausreichen
der Sicherheit davon überzeugen zu können, dass der Antrag
steller der Rechtsinhaber ist und dass das Recht des Antragstel
lers verletzt wird oder dass eine solche Verletzung droht.
(5) Artikel 60 Absätze 5 bis 9 gelten für die in diesem
Artikel genannten Maßnahmen entsprechend.
Artikel 63
Endgültige Verfügungen
(1) Wird eine Patentverletzung festgestellt, so kann das Ge
richt gegen den Verletzer eine Verfügung erlassen, durch die die
Fortsetzung der Verletzung untersagt wird. Das Gericht kann
auch eine Verfügung gegen Mittelspersonen erlassen, deren
Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Patents in
Anspruch genommen werden.
(2) Gegebenenfalls werden bei Nichteinhaltung der Ver
fügung nach Absatz 1 an das Gericht zu zahlende Zwangsgelder
verhängt. Artikel 64
Abhilfemaßnahmen im Rahmen von Verletzungsverfahren
(1) Das Gericht kann auf Antrag des Antragstellers anordnen,
dass in Bezug auf Erzeugnisse, die nach seinen Feststellungen
ein Patent verletzen, und gegebenenfalls in Bezug auf Materia
lien und Geräte, die vorwiegend zur Schaffung oder Herstellung
dieser Erzeugnisse verwendet wurden, unbeschadet etwaiger
Schadensersatzansprüche der geschädigten Partei aus der Verlet
zung sowie ohne Entschädigung irgendwelcher Art geeignete
Maßnahmen getroffen werden.
(2) Zu diesen Maßnahmen gehört
a) die Feststellung einer Verletzung,
b) der Rückruf der Erzeugnisse aus den Vertriebswegen,
c) die Beseitigung der verletzenden Eigenschaft des Erzeugnis
ses,
d) die endgültige Entfernung der Erzeugnisse aus den Vertriebs
wegen oder
e) die Vernichtung der Erzeugnisse und/oder der betreffenden
Materialien und Geräte.
(3) Das Gericht ordnet an, dass die betreffenden Maßnahmen
auf Kosten des Verletzers durchgeführt werden, es sei denn, es
werden besondere Gründe geltend gemacht, die dagegen spre
chen.
(4) Bei der Prüfung eines Antrags auf Anordnung von Ab
hilfemaßnahmen nach diesem Artikel berücksichtigt das Gericht
das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere
der Verletzung und den anzuordnenden Abhilfemaßnahmen, die
Bereitschaft des Verletzers, das Material in einen nichtverletzen
den Zustand zu versetzen, sowie die Interessen Dritter.
Artikel 65
Entscheidung über die Gültigkeit eines Patents
(1) Das Gericht entscheidet über die Gültigkeit eines Patents
auf der Grundlage einer Klage auf Nichtigerklärung oder einer
Widerklage auf Nichtigerklärung.
(2) Das Gericht kann ein Patent nur aus den in Artikel 138
Absatz 1 und Artikel 139 Absatz 2 EPÜ genannten Gründen
entweder ganz oder teilweise für nichtig erklären.
(3) Betreffen die Nichtigkeitsgründe nur einen Teil des Pa
tents, so wird das Patent unbeschadet des Artikels 138 Absatz
3 EPÜ durch eine entsprechende Änderung der Patentansprüche
beschränkt und teilweise für nichtig erklärt.
(4) Soweit ein Patent für nichtig erklärt wurde, gelten die in
den Artikeln 64 und 67 EPÜ genannten Wirkungen als von
Anfang an nicht eingetreten.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/17(5) Erklärt das Gericht ein Patent in einer Endentscheidung
ganz oder teilweise für nichtig, so übersendet es eine Abschrift
der Entscheidung an das Europäische Patentamt und im Falle
eines europäischen Patents an das nationale Patentamt des be
treffenden Vertragsmitgliedstaats.
Artikel 66
Befugnisse des Gerichts in Bezug auf Entscheidungen des
Europäischen Patentamts
(1) Bei Klagen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i kann
das Gericht alle Befugnisse ausüben, die dem Europäischen Pa
tentamt nach Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012
übertragen wurden, einschließlich der Berichtigung des Registers
für den einheitlichen Patentschutz.
(2) Bei Klagen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i tragen
die Parteien abweichend von Artikel 69 ihre eigenen Kosten.
Artikel 67
Befugnis, die Erteilung einer Auskunft anzuordnen
(1) Das Gericht kann auf einen begründeten und die Verhält
nismäßigkeit wahrenden Antrag des Antragstellers hin nach
Maßgabe der Verfahrensordnung anordnen, dass der Verletzer
dem Antragsteller über Folgendes Auskunft erteilt:
a) Ursprung und Vertriebswege der verletzenden Erzeugnisse
oder Verfahren,
b) die erzeugten, hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder
bestellten Mengen und die Preise, die für die verletzenden
Erzeugnisse gezahlt wurden und
c) die Identität aller an der Herstellung oder dem Vertrieb von
verletzenden Erzeugnissen oder an der Anwendung des ver
letzenden Verfahrens beteiligten dritten Personen.
(2) Das Gericht kann nach Maßgabe der Verfahrensordnung
ferner anordnen, dass jede dritte Partei, die
a) nachweislich verletzende Erzeugnisse in gewerblichem Aus
maß in ihrem Besitz hatte oder die ein verletzendes Verfah
ren in gewerblichem Ausmaß angewandt hat,
b) nachweislich für verletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleis
tungen in gewerblichem Ausmaß erbracht hat oder
c) nach den Angaben einer unter den Buchstaben a und b
genannten Person an der Erzeugung, Herstellung oder am
Vertrieb verletzender Erzeugnisse oder Verfahren bzw. an
der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
dem Antragsteller die in Absatz 1 genannten Auskünfte erteilt. Artikel 68
Zuerkennung von Schadenersatz
(1) Das Gericht ordnet auf Antrag der geschädigten Partei an,
dass der Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wis
sen müssen, dass er eine Patentverletzungshandlung vornahm,
der geschädigten Partei zum Ausgleich des von ihr wegen der
Verletzung erlittenen tatsächlichen Schadens angemessenen
Schadenersatz zu leisten hat.
(2) Die geschädigte Partei ist soweit wie möglich in die Lage
zu versetzen, in der sie sich ohne die Verletzung befunden hätte.
Dem Verletzer darf kein Nutzen aus der Verletzung erwachsen.
Der Schadenersatz hat jedoch keinen Strafcharakter.
(3) Bei der Festsetzung des Schadenersatzes verfährt das Ge
richt wie folgt:
a) Es berücksichtigt alle in Frage kommenden Aspekte, wie die
negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, einschließlich der
Gewinneinbußen für die geschädigte Partei und der zu Un
recht erzielten Gewinne des Verletzers, sowie in geeigneten
Fällen auch andere als wirtschaftliche Faktoren, wie den im
materiellen Schaden für die geschädigte Partei, oder
b) es kann stattdessen in geeigneten Fällen den Schadensersatz
als Pauschalbetrag festsetzen, und zwar auf der Grundlage
von Faktoren wie mindestens dem Betrag der Vergütung
oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen,
wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Patents
eingeholt hätte.
(4) Für Fälle, in denen der Verletzer die Verletzungshandlung
vorgenommen hat, ohne dass er dies wusste oder vernünftiger
weise hätte wissen müssen, kann das Gericht die Herausgabe der
Gewinne oder die Zahlung einer Entschädigung anordnen.
Artikel 69
Kosten des Rechtsstreits
(1) Die Kosten des Rechtsstreits und sonstigen Kosten der
obsiegenden Partei werden in der Regel, soweit sie zumutbar
und angemessen sind, bis zu einer gemäß der Verfahrensord
nung festgelegten Obergrenze von der unterlegenen Partei ge
tragen, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen.
(2) Obsiegt eine Partei nur teilweise oder liegen außerge
wöhnliche Umständen vor, so kann das Gericht anordnen,
dass die Kosten nach Billigkeit verteilt werden oder die Parteien
ihre Kosten selbst tragen.
(3) Eine Partei, die dem Gericht oder einer anderen Partei
unnötige Kosten verursacht hat, soll diese tragen.DE C 175/18 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(4) Auf Antrag des Beklagten kann das Gericht anordnen,
dass der Antragsteller für die Kosten des Rechtsstreits und sons
tigen Kosten des Beklagten, die der Antragsteller möglicherweise
tragen muss, angemessene Sicherheiten zu leisten hat, insbeson
dere in den in den Artikeln 59 bis 62 genannten Fällen.
Artikel 70
Gerichtsgebühren
(1) Die Verfahrensparteien haben Gerichtsgebühren zu ent
richten.
(2) Sofern in der Verfahrensordnung nicht anderweitig fest
gelegt, sind die Gerichtsgebühren im Voraus zu entrichten. Eine
Partei, die eine vorgeschriebene Gerichtsgebühr nicht entrichtet
hat, kann von der weiteren Beteiligung am Verfahren aus
geschlossen werden.
Artikel 71
Prozesskostenhilfe
(1) Ist eine Partei, die eine natürliche Person ist, außerstande,
die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so
kann sie jederzeit Prozesskostenhilfe beantragen. Die Bedingun
gen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe werden in der
Verfahrensordnung festgelegt.
(2) Das Gericht entscheidet nach Maßgabe der Verfahrens
ordnung, ob die Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise bewilligt
oder versagt werden soll.
(3) Der Verwaltungsausschuss legt auf Vorschlag des Gerichts
die Höhe der Prozesskostenhilfe und die Regeln für die diesbe
zügliche Kostentragung fest.
Artikel 72
Verjährungsfrist
Unbeschadet des Artikels 24 Absätze 2 und 3 können Klagen
im Zusammenhang mit allen Formen der finanziellen Entschä
digung nicht später als fünf Jahre, nachdem der Antragsteller
von dem letzten Ereignis, das Veranlassung zur Klage bietet,
Kenntnis erlangte oder vernünftigerweise hätte erlangen müssen,
erhoben werden.
KAPITEL V
Rechtsmittel
Artikel 73
Berufung
(1) Eine Partei, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise
unterlegen ist, kann beim Berufungsgericht innerhalb von zwei
Monaten ab dem Tag, an dem die Entscheidung zugestellt wor
den ist, Berufung gegen eine Entscheidung des Gerichts erster
Instanz einlegen.
(2) Eine Partei, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise
unterlegen ist, kann gegen eine Anordnung des Gerichts erster
Instanz beim Berufungsgericht Berufung einlegen, und zwar a) bei den Anordnungen gemäß Artikel 49 Absatz 5 sowie den
Artikeln 59 bis 62 und 67 innerhalb von 15 Kalendertagen
nach Zustellung der Anordnung an den Antragsteller;
b) bei anderen als den unter Buchstabe a genannten Anordnun
gen
i) zusammen mit der Berufung gegen die Entscheidung oder
ii) wenn das Gericht die Berufung zulässt, innerhalb von 15
Tagen nach Zustellung der entsprechenden Entscheidung
des Gerichts.
(3) Die Berufung gegen eine Entscheidung oder eine Anord
nung des Gerichts erster Instanz kann auf rechtliche und tat
sächliche Gesichtspunkte gestützt werden.
(4) Neue Tatsachen und neue Beweismittel können nur vor
gelegt werden, wenn dies mit der Verfahrensordnung im Ein
klang steht und vernünftigerweise nicht davon ausgegangen
werden konnte, dass die betreffende Partei diese Tatsachen
und Beweismittel im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz
hätte vorlegen können.
Artikel 74
Wirkung der Berufung
(1) Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung, sofern
das Berufungsgericht auf begründeten Antrag einer der Parteien
nicht etwas anderes beschließt. In der Verfahrensordnung wird
sichergestellt, dass ein solcher Beschluss unverzüglich gefasst
wird.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 hat die Berufung gegen eine
Entscheidung im Zusammenhang mit Klagen oder Widerklagen
auf Nichtigerklärung und im Zusammenhang mit Klagen auf
grund von Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe i stets aufschiebende
Wirkung.
(3) Die Berufung gegen eine Anordnung gemäß Artikel 49
Absatz 5 oder den Artikeln 59 bis 62 oder 67 hindert nicht die
Fortsetzung des Ausgangsverfahrens. Bis zu einer Entscheidung
des Berufungsgerichts über die angefochtene Anordnung darf
das Gericht erster Instanz jedoch keine Entscheidung im Aus
gangsverfahren erlassen.
Artikel 75
Entscheidung über die Berufung und Zurückverweisung
(1) Ist eine Berufung gemäß Artikel 73 begründet, so hebt
das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichts erster In
stanz auf und erlässt eine Endentscheidung. In Ausnahmefällen
und im Einklang mit der Verfahrensordnung kann das Beru
fungsgericht die Sache an das Gericht erster Instanz zur Ent
scheidung zurückverweisen.
(2) Wird eine Sache gemäß Absatz 1 an das Gericht erster
Instanz zurückverwiesen, so ist dieses an die rechtliche Beur
teilung in der Entscheidung des Berufungsgerichts gebunden.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/19KAPITEL VI
Entscheidungen
Artikel 76
Entscheidungsgrundlage und rechtliches Gehör
(1) Das Gericht entscheidet nach Maßgabe der von den Par
teien gestellten Anträge und darf nicht mehr zusprechen, als
beantragt ist.
(2) Sachentscheidungen dürfen nur auf Gründe, Tatsachen
und Beweismittel gestützt werden, die von den Parteien vor
gebracht oder auf Anordnung des Gerichts in das Verfahren
eingebracht wurden und zu denen die Parteien Gelegenheit
zur Stellungnahme hatten.
(3) Das Gericht würdigt die Beweise frei und unabhängig.
Artikel 77
Formerfordernisse
(1) Die Entscheidungen und Anordnungen des Gerichts sind
im Einklang mit der Verfahrensordnung zu begründen und
schriftlich abzufassen.
(2) Die Entscheidungen und Anordnungen des Gerichts wer
den in der Verfahrenssprache abgefasst.
Artikel 78
Entscheidungen des Gerichts und abweichende Meinungen
(1) Die Entscheidungen und Anordnungen des Gerichts trifft
der Spruchkörper mit Mehrheit nach Maßgabe der Satzung. Bei
Stimmengleichheit ist die Stimme des vorsitzenden Richters aus
schlaggebend.
(2) In Ausnahmefällen kann jeder Richter des Spruchkörpers
eine abweichende Meinung getrennt von der Entscheidung des
Gerichts zum Ausdruck bringen.
Artikel 79
Vergleich
Die Parteien können im Laufe des Verfahrens jederzeit ihren
Rechtsstreit im Wege eines Vergleichs beenden, der durch eine
Entscheidung des Gerichts bestätigt wird. Ein Patent kann je
doch durch einen Vergleich weder für nichtig erklärt noch be
schränkt werden.
Artikel 80
Veröffentlichung von Entscheidungen
Das Gericht kann auf Antrag des Antragstellers und auf Kosten
des Verletzers geeignete Maßnahmen zur Verbreitung von Infor
mationen über die betreffende Entscheidung des Gerichts einschließlich der Bekanntmachung der Entscheidung sowie ih
rer vollständigen oder teilweisen Veröffentlichung in den Me
dien anordnen.
Artikel 81
Wiederaufnahme des Verfahrens
(1) Nach einer Endentscheidung des Gerichts kann das Beru
fungsgericht ausnahmsweise einem Antrag auf Wiederaufnahme
des Verfahrens stattgeben, wenn
a) die die Wiederaufnahme beantragende Partei einer Tatsache
von entscheidender Bedeutung gewahr wird, die der die Wie
deraufnahme beantragenden Partei vor Verkündung der Ent
scheidung unbekannt war; einem solchen Antrags darf nur
wegen einer Handlung stattgegeben werden, die durch eine
Endentscheidung eines nationalen Gerichts als Straftat quali
fiziert wurde, oder
b) ein grundlegender Verfahrensfehler vorliegt, insbesondere
wenn einem nicht vor Gericht erschienenen Beklagten das
verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges
Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt
worden ist, dass er sich verteidigen konnte.
(2) Der Wiederaufnahmeantrag ist binnen zehn Jahren ab
dem Zeitpunkt der Entscheidung, spätestens jedoch zwei Mo
nate ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens der neuen Tatsache
oder des Verfahrensfehlers einzureichen. Ein solcher Antrag hat
keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, das Berufungsgericht
entscheidet anders.
(3) Im Einklang mit der Verfahrensordnung hebt das Beru
fungsgericht die zu überprüfende Entscheidung ganz oder teil
weise auf und ordnet die Wiederaufnahme des Verfahrens zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an, wenn der Wiederauf
nahmeantrag begründet ist.
(4) Personen, die in gutem Glauben Patente nutzen, die Ge
genstand einer zu überprüfenden Entscheidung sind, soll gestat
tet werden, die Patente auch weiterhin zu nutzen.
Artikel 82
Vollstreckung der Entscheidungen und Anordnungen
(1) Die Entscheidungen und Anordnungen des Gerichts sind
in allen Vertragsmitgliedstaaten vollstreckbar. Eine Anordnung
zur Vollstreckung einer Entscheidung wird der Entscheidung des
Gerichts beigefügt.
(2) Gegebenenfalls kann die Vollstreckung einer Entschei
dung davon abhängig gemacht werden, dass eine Sicherheit
oder gleichwertige Garantien gestellt werden, die insbesondere
im Falle von Verfügungen eine Entschädigung für erlittenen
Schaden sicherstellen.DE C 175/20 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(3) Unbeschadet dieses Übereinkommens und der Satzung
unterliegt das Vollstreckungsverfahren dem Recht des Vertrags
mitgliedstaates, in dem die Vollstreckung erfolgt. Entscheidun
gen des Gerichts werden unter den gleichen Bedingungen voll
streckt wie Entscheidungen, die in dem Vertragsmitgliedstaat, in
dem die Vollstreckung erfolgt, ergangen sind.
(4) Leistet eine Partei einer Anordnung des Gerichts nicht
Folge, so kann sie mit an das Gericht zu zahlenden Zwangs
geldern belegt werden. Das einzelne Zwangsgeld muss im an
gemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der zu vollstreckenden
Anordnung stehen und lässt das Recht der Partei, Schadenersatz
oder eine Sicherheit zu fordern, unberührt.
TEIL IV
ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN
Artikel 83 - Übergangsregelung
(1) Während einer Übergangszeit von sieben Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens können Klagen we gen Verletzung bzw. auf Nichtigerklärung eines europäischen Patents oder Klagen wegen Verletzung bzw. auf Nichtigerklä rung eines ergänzenden Schutzzertifikats, das zu einem durch ein europäisches Patent geschützten Erzeugnis ausgestellt wor den ist, weiterhin bei nationalen Gerichten oder anderen zuständigen nationalen Behörden erhoben werden.
(2) Klagen, die am Ende der Übergangszeit vor einem nationalen Gericht anhängig sind, werden durch den Ablauf der Übergangszeit nicht berührt.
(3) Ist noch keine Klage vor dem Gericht erhoben worden, so kann ein Inhaber oder Anmelder eines europäischen Patents, das vor Ablauf der Übergangszeit nach Absatz 1 und gegebenenfalls Absatz 5 erteilt oder beantragt worden ist, sowie ein Inhaber eines ergänzenden Schutzzertifikats, das zu einem durch ein europäisches Patent geschützten Erzeugnis erteilt worden ist, die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts ausschließen. Zu diesem Zweck muss er der Kanzlei spätestens einen Monat vor Ablauf der Übergangszeit eine Mitteilung über die Inanspruch nahme dieser Ausnahmeregelung zukommen lassen. Die In anspruchnahme der Ausnahmeregelung wird mit der Eintragung der entsprechenden Mitteilung in das Register wirksam.
(4) Sofern noch keine Klage vor einem nationalen Gericht erhoben worden ist, können Inhaber oder Anmelder europäi scher Patente oder Inhaber ergänzender Schutzzertifikate, die zu einem durch ein europäisches Patent geschützten Erzeugnis er teilt worden sind, die die Ausnahmeregelung nach Absatz 3 in Anspruch genommen haben, jederzeit von dieser Ausnahme regelung zurücktreten. In diesem Fall setzen sie die Kanzlei davon in Kenntnis. Der Verzicht auf die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung wird mit der Eintragung der entsprechenden Mitteilung in das Register wirksam. (5) Fünf Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens führt der Verwaltungsausschuss eine eingehende Konsul tation der Nutzer des Patentsystems und eine Erhebung durch, um die Zahl der europäischen Patente und der ergänzenden
Schutzzertifikate, die zu einem durch ein europäisches Patent
geschützten Erzeugnis erteilt worden sind, derentwegen weiter
hin nach Absatz 1 Klagen wegen Verletzung oder auf Nichtig
erklärung bei den nationalen Gerichten erhoben werden, die
Gründe dafür und die damit verbundenen Auswirkungen zu
ermitteln. Auf Grundlage dieser Konsultation und einer Stellung
nahme des Gerichts kann der Verwaltungsausschuss beschließen,
die Übergangszeit um bis zu sieben Jahre zu verlängern.
TEIL V - SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 84 - Unterzeichnung, Ratifikation und Beitritt
(1) Dieses Übereinkommen liegt für alle Mitgliedstaaten am 19. Februar 2013 zur Unterzeichnung auf.
(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation nach Maßgabe der jeweiligen verfassungsrechtlichen Erfordernisse der Mitgliedstaaten. Die Ratifikationsurkunden werden beim Ge neralsekretariat des Rates der Europäischen Union (im Folgen den „Verwahrer“) hinterlegt.
(3) Jeder Mitgliedstaat, der dieses Übereinkommen unter zeichnet hat, notifiziert der Europäischen Kommission seine Ratifikation des Übereinkommens zum Zeitpunkt der Hinterle gung seiner Ratifikationsurkunde gemäß Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012.
(4) Dieses Übereinkommen steht allen Mitgliedstaaten zum Beitritt offen. Die Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.
Artikel 85 - Aufgaben des Verwahrers
(1) Der Verwahrer erstellt beglaubigte Abschriften dieses Übereinkommens und übermittelt sie den Regierungen aller Mit gliedstaaten, die das Übereinkommen unterzeichnen oder ihm beitreten.
(2) Der Verwahrer notifiziert den Regierungen der Mitglied staaten, die das Übereinkommen unterzeichnen oder ihm bei treten,
a) jede Unterzeichnung;
b) die Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Beitrittsurkunde;
c) den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens.
(3) Der Verwahrer lässt dieses Übereinkommen beim Sekretariat der Vereinten Nationen registrieren.
Artikel 86 - Geltungsdauer des Übereinkommens
Dieses Übereinkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen.
Artikel 87 - Revision des Übereinkommens
(1) Entweder sieben Jahre nach Inkrafttreten dieses Überein kommens oder sobald 2 000 Verletzungsverfahren vom Gericht entschieden worden sind — je nachdem, was später eintritt — und sofern erforderlich in der Folge in regelmäßigen Abständen, führt der Verwaltungsausschuss eine eingehende Konsultation der Nutzer des Patentsystems durch, die folgenden Aspekten gewidmet ist: Arbeitsweise, Effizienz und Kostenwirksamkeit des Gerichts sowie Vertrauen der Nutzer des Patentsystems in die Qualität der Entscheidungen des Gerichts. Auf Grundlage dieser Konsultation und einer Stellungnahme des Gerichts kann der Verwaltungsausschuss beschließen, dieses Übereinkom men zu überarbeiten, um die Arbeitsweise des Gerichts zu ver bessern.
(2) Der Verwaltungsausschuss kann dieses Übereinkommen ändern, um es mit einem internationalen Vertrag auf dem Ge biet des Patentwesens oder mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen.
(3) Ein aufgrund der Absätze 1 und 2 gefasster Beschluss des Verwaltungsausschusses wird nicht wirksam, wenn ein Vertrags mitgliedstaat binnen zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt des Be schlusses auf Grundlage seiner einschlägigen nationalen Ent scheidungsverfahren erklärt, dass er nicht durch den Beschluss gebunden sein will. In diesem Fall wird eine Überprüfungskon ferenz der Vertragsmitgliedstaaten einberufen.
Artikel 88 - Sprachen des Übereinkommens
(1) Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.
(2) Die in anderen als den in Absatz 1 genannten Amtssprachen von Vertragsmitgliedstaaten erstellten Wortlaute dieses Übereinkommens werden als amtliche Fassungen betrachtet, wenn sie vom Verwaltungsausschuss genehmigt wurden. Bei Abweichungen zwischen den verschiedenen Wortlaute sind die in Absatz 1 genannten Wortlaute maßgebend.
Artikel 89 - Inkrafttreten
(1) Dieses Übereinkommen tritt am 1. Januar 2014 in Kraft oder am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der dreizehnten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde gemäß Arti kel 84, einschließlich der Hinterlegung durch die drei Mitglied staaten, in denen es im Jahr vor dem Jahr der Unterzeichnung des Übereinkommens die meisten geltenden europäischen Pa tente gab, oder am ersten Tag des vierten Monats nach dem Inkrafttreten der Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012, die das Verhältnis zwischen jener Verordnung und diesem Übereinkommen betreffen, je nachdem, welcher Zeitpunkt der späteste ist.
(2) Jede Ratifikation bzw. jeder Beitritt nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens wird am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde wirk sam. Zu Urkunde dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Brüssel am 19. Februar 2013 in einer Urschrift in deutscher, englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; die Urschrift wird im Archiv des Generalse kretariats des Rates der Europäischen Union hinterlegt.
Voor het Koninkrijk België
Pour le Royaume de Belgique
Für das Königreich Belgien
For the Kingdom of Belgium
За Република България
Für die Republik Bulgarien
For the Republic of Bulgaria
Pour la République de Bulgarie
Za Českou republiku
Für die Tschechische Republik
For the Czech Republic
Pour la République tchèque
For Kongeriget Danmark
Für das Königreich Dänemark
For the Kingdom of Denmark
Pour le Royaume du Danemark
DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/23Für die Bundesrepublik Deutschland
For the Federal Republic of Germany
Pour la République fédérale d'Allemagne
Eesti Vabariigi nimel
Für die Republik Estland
For the Republic of Estonia
Pour la République d'Estonie
Thar cheann Na hÉireann
For Ireland
Für Irland
Pour l'Irlande
Για την Ελληνική Δημοκρατία
Für die Hellenische Republik
For the Hellenic Republic
Pour la République hellénique
DE C 175/24 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013Pour la République française
Für die Französische Republik
For the French Republic
Per la Repubblica italiana
Für die Italienische Republik
For the Italian Republic
Pour la République italienne
Για την Κυπριακή Δημοκρατία
Für die Republik Zypern
For the Republic of Cyprus
Pour la République de Chypre
Latvijas Republikas v ārd ā –
Für die Republik Lettland
For the Republic of Latvia
Pour la République de Lettonie
Lietuvos Respublikos vardu
Für die Republik Litauen
For the Republic of Lithuania
Pour la République de Lituanie
DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/25Pour le Grand-Duché de Luxembourg
Für das Grossherzogtum Luxemburg
For the Grand Duchy of Luxembourg
Magyarország részér ől
Für Ungarn
For Hungary
Pour la Hongrie
Għal Malta
Für Malta
For Malta
Pour Malte
Voor het Koninkrijk der Nederlanden
Für das Königreich der Niederlande
For the Kingdom of the Netherlands
Pour le Royaume des Pays-Bas
DE C 175/26 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013Für die Republik Österreich
For the Republic of Austria
Pour la République d'Autriche
Pela República Portuguesa
Für die Portugiesische Republik
For the Portuguese Republic
Pour la République portugaise
Pentru România
Für Rumänien
For Romania
Pour la Roumanie
Za Republiko Slovenijo
Für die Republik Slowenien
For the Republic of Slovenia
Pour la République de Slovénie
DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/27Za Slovenskú republiku
Für die Slowakische Republik
For the Slovak Republic
Pour la République slovaque
Suomen tasavallan puolesta
För Republiken Finland
Für die Republik Finnland
For the Republic of Finland
Pour la République de Finlande
För Konungariket Sverige
Für das Königreich Schweden
For the Kingdom of Sweden
Pour le Royaume de Suède
For the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland
Für das Vereinigte Königreich-Grossbritannien und Nordirland
Pour le Royaume-Uni-de Grande-Bretagne et d'Irlande du Nord
- Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1) mit allen nachfolgenden Änderungen.↩
- Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständig keit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1) mit allen nachfolgenden Änderungen.↩