Satzung des einheitlichen Patentgerichts
Artikel 1 - Geltungsbereich der Satzung
Diese Satzung enthält institutionelle und finanzielle Regelungen für das nach Artikel 1 des Übereinkommens errichtete Einheitliche Patentgericht.
KAPTITEL I - RICHTER
Artikel 2 - Auswahlkriterien für die Richter
(1) Jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Vertragsmitgliedstaats besitzt und die Voraussetzungen nach Artikel 15 des Übereinkommens und nach dieser Satzung erfüllt, kann zum Richter ernannt werden.
(2) Die Richter müssen mindestens eine Amtssprache des Europäischen Patentamts gut beherrschen.
(3) Die nach Artikel 15 Absatz 1 des Übereinkommens für die Ernennung nachzuweisende Erfahrung auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten kann durch Schulungen nach Artikel 11 Absatz 4 Buchstabe a dieser Satzung erworben werden.
Artikel 3 - Ernennung der Richter
(1) Die Richter werden gemäß dem in Artikel 16 des Übereinkommens festgelegten Verfahren ernannt.
(2) Offene Stellen werden unter Angabe der entsprechenden, in Artikel 2 festgelegten Auswahlkriterien öffentlich ausgeschrieben. Der Beratende Ausschuss gibt eine Stellungnahme zur Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters am Gericht ab. Die Stellungnahme enthält eine Liste der geeignetsten Bewerber. Die Zahl der auf der Liste aufgeführten Bewerber ist mindestens doppelt so hoch wie die Zahl der offenen Stellen. Der Beratende Ausschuss kann erforderlichenfalls empfehlen, dass ein Bewerber für eine Richterstelle eine Schulung in Patentstreitigkeiten nach Artikel 11 Absatz 4 Buchstabe a erhält, bevor über seine Ernennung entschieden wird.
(3) Bei der Ernennung der Richter achtet der Verwaltungsausschuss darauf, dass die zu ernennenden Bewerber über das höchste Niveau an rechtlichem und technischem Sachverstand verfügen, sowie auf eine ausgewogene Zusammensetzung des Gerichts, indem die Richter unter den Staatsangehörigen der Vertragsmitgliedstaaten auf möglichst breiter geografischer Grundlage ausgewählt werden.
(4) Der Verwaltungsausschuss ernennt die für den ordnungsgemäßen Geschäftsgang des Gerichts benötigte Zahl von Richtern. Der Verwaltungsausschuss ernennt zunächst die Zahl von Richtern, die erforderlich ist, um zumindest einen Spruchkörper bei jeder der Kammern des Gerichts erster Instanz und mindestens zwei Spruchkörper beim Berufungsgericht bilden zu können.
(5) Der Beschluss des Verwaltungsausschusses zur Ernennung von rechtlich qualifizierten Vollzeit- oder Teilzeitrichtern und technisch qualifizierten Vollzeitrichtern bezeichnet die Instanz des Gerichts und/oder die Kammer des Gerichts erster Instanz, in die jeder einzelne Richter berufen wird, sowie das oder die Gebiete der Technik, für das bzw. die ein technisch qualifizierter Richter ernannt wird.
(6) Technisch qualifizierte Teilzeitrichter werden zu Richtern des Gerichts ernannt und auf der Grundlage
ihrer spezifischen Qualifikation und Erfahrung in den Richterpool aufgenommen. Mit der Berufung dieser
Richter an das Gericht wird gewährleistet, dass alle Gebiete der Technik abgedeckt sind.
Artikel 4 - Amtszeit der Richter
(1) Die Richter werden für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt, die mit dem in der Ernennungs
urkunde bestimmten Tag beginnt. Wiederernennung ist zulässig.
(2) In Ermangelung einer Bestimmung über den Tag der Arbeitsaufnahme beginnt die Amtszeit mit dem
Ausstellungstag der Ernennungsurkunde.
Artikel 5
Ernennung der Mitglieder des Beratenden Ausschusses
(1) Jeder Vertragsmitgliedstaat schlägt ein Mitglied des Beratenden Ausschusses vor, das die Anforderun
gen nach Artikel 14 Absatz 2 des Übereinkommens erfüllt.
(2) Die Mitglieder des Beratenden Ausschusses werden vom Verwaltungsausschuss im gegenseitigen Ein
vernehmen ernannt.
Artikel 6
Richtereid
Die Richter leisten vor Aufnahme ihrer Amtstätigkeit in öffentlicher Sitzung den Eid, ihr Amt unparteiisch
und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.
Artikel 7
Unparteilichkeit
(1) Unmittelbar nach der Eidesleistung unterzeichnen die Richter eine Erklärung, in der sie die feierliche
Verpflichtung übernehmen, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem
Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme bestimmter Tätigkeiten
oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.
(2) Die Richter dürfen nicht an Verhandlungen zu einer Sache teilnehmen, in der sie
a) als Berater mitgewirkt haben,
b) selbst Partei waren oder für eine der Parteien tätig waren,
c) als Mitglied eines Gerichts, einer Beschwerdekammer, einer Schieds- oder Schlichtungsstelle oder eines
Untersuchungsausschusses oder in anderer Eigenschaft zu befinden hatten,
d) ein persönliches oder finanzielles Interesse an der Sache oder in Bezug auf eine der Parteien haben oder
e) in verwandtschaftlicher Beziehung zu einer Partei oder einem Vertreter einer Partei stehen.
(3) Ist ein Richter der Auffassung, bei der Entscheidung oder Prüfung einer bestimmten Rechtsstreitigkeit
aus einem besonderen Grund nicht mitwirken zu können, so macht er dem Präsidenten des Berufungs
gerichts oder — wenn er Richter des Gerichts erster Instanz ist — dem Präsidenten des Gerichts erster
Instanz davon Mitteilung. Hält der Präsident des Berufungsgerichts oder — im Falle der Richter des Gerichts
erster Instanz — der Präsident des Gerichts erster Instanz die Teilnahme eines Richters an der Verhandlung
oder Entscheidung einer bestimmten Sache aus einem besonderen Grund für unangebracht, so begründet
der Präsident des Berufungsgerichts oder der Präsident des Gerichts erster Instanz dies schriftlich und setzt
den betroffenen Richter hiervon in Kenntnis.DE C 175/30 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(4) Jede Prozesspartei kann die Teilnahme eines Richters an der Verhandlung aus einem der in Absatz 2
genannten Gründe oder wegen begründeter Besorgnis der Befangenheit ablehnen.
(5) Ergibt sich bei der Anwendung dieses Artikels eine Schwierigkeit, so entscheidet das Präsidium im
Einklang mit der Verfahrensordnung. Der betroffene Richter wird angehört, wirkt aber bei der Beschluss
fassung nicht mit.
Artikel 8
Immunität der Richter
(1) Die Richter sind keiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Bezüglich der Handlungen, die sie im Zusam
menhang mit ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommen haben, steht ihnen diese Befreiung auch nach
Abschluss ihrer Amtstätigkeit zu.
(2) Das Präsidium kann die Immunität aufheben.
(3) Wird nach Aufhebung der Befreiung ein Strafverfahren gegen einen Richter eingeleitet, so darf dieser
im Gebiet jedes Vertragsmitgliedstaats nur vor einem Gericht angeklagt werden, das für Verfahren gegen
Richter der höchsten nationalen Gerichte zuständig ist.
(4) Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union findet auf die Richter des
Gerichts Anwendung; die Bestimmungen dieser Satzung betreffend die Immunität der Richter von der
Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt.
Artikel 9
Ende der Amtszeit
(1) Abgesehen von der Neubesetzung nach Ablauf der Amtszeit gemäß Artikel 4 und von Todesfällen
endet das Amt eines Richters durch dessen Rücktritt.
(2) Bei Rücktritt eines Richters ist das Rücktrittsschreiben an den Präsidenten des Berufungsgerichts oder
— im Falle der Richter des Gerichts erster Instanz — an den Präsidenten des Gerichts erster Instanz zur
Weiterleitung an den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses zu richten.
(3) Mit Ausnahme der Fälle, in denen Artikel 10 Anwendung findet, bleibt jeder Richter bis zum Amts
antritt seines Nachfolgers im Amt.
(4) Bei Ausscheiden eines Richters wird ein neuer Richter für die verbleibende Amtszeit seines Vorgängers
ernannt.
Artikel 10
Entlassung aus dem Amt
(1) Ein Richter kann nur dann seines Amtes enthoben oder sonstiger gewährter Vergünstigungen für
verlustig erklärt werden, wenn er nach dem Urteil des Präsidiums nicht mehr die erforderlichen Voraus
setzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Der
betroffene Richter wird angehört, wirkt aber bei der Beschlussfassung nicht mit.
(2) Der Kanzler des Gerichts übermittelt die Entscheidung dem Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses.
(3) Wird durch eine solche Entscheidung ein Richter seines Amtes enthoben, so wird sein Sitz mit dieser
Benachrichtigung frei.
Artikel 11
Schulung
(1) Mit dem gemäß Artikel 19 des Übereinkommens geschaffenen Schulungsrahmen wird für eine
angemessene und regelmäßige Schulung der Richter gesorgt. Das Präsidium beschließt Schulungsvorschriften
zur Gewährleistung der Umsetzung und der Gesamtkohärenz des Schulungsrahmens.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/31(2) Der Schulungsrahmen bietet eine Plattform für den Austausch von Fachwissen und ein Forum für
Diskussionen; dies wird insbesondere durch Folgendes gewährleistet:
a) Veranstaltung von Lehrgängen, Konferenzen, Seminaren, Workshops und Symposien,
b) Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Bildungseinrichtungen im Bereich des Schutzes
des geistigen Eigentums und
c) Förderung und Unterstützung weiterer Fortbildungsmaßnahmen.
(3) Es werden ein jährliches Arbeitsprogramm und Schulungsleitlinien erstellt, die für jeden Richter einen
jährlichen Schulungsplan enthalten, in dem sein Hauptbedarf an Schulung gemäß den Schulungsvorschriften
ausgewiesen wird.
(4) Ferner gewährleistet der Schulungsrahmen
a) eine angemessene Schulung der Bewerber für Richterstellen und der neu ernannten Richter des Gerichts;
b) die Unterstützung von Projekten, die auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Parteivertretern,
Patentanwälten und dem Gericht abzielen.
Artikel 12
Vergütung
Der Verwaltungsausschuss legt die Vergütung des Präsidenten des Berufungsgerichts, des Präsidenten des
Gerichts erster Instanz, der Richter, des Kanzlers, des Hilfskanzlers und des Personals fest.
KAPITEL II
ORGANISATORISCHE BESTIMMUNGEN
ABSCHNITT 1
Gemeinsame Bestimmungen
Artikel 13
Präsident des Berufungsgerichts
(1) Der Präsident des Berufungsgerichts wird von allen Richtern des Berufungsgerichts aus ihrer Mitte für
eine Amtszeit von drei Jahren gewählt. Der Präsident des Berufungsgerichts kann zweimal wiedergewählt
werden.
(2) Die Wahl des Präsidenten des Berufungsgerichts ist geheim. Gewählt ist der Richter, der die absolute
Mehrheit der Stimmen erhält. Erreicht keiner der Richter die absolute Mehrheit, so findet ein zweiter
Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
(3) Der Präsident des Berufungsgerichts leitet die gerichtlichen Tätigkeiten und die Verwaltung des Be
rufungsgerichts und führt den Vorsitz des als Plenum tagenden Berufungsgerichts.
(4) Endet die Amtszeit des Präsidenten des Berufungsgerichts vor ihrem Ablauf, so wird das Amt für die
verbleibende Zeit neu besetzt.
Artikel 14
Präsident des Gerichts erster Instanz
(1) Der Präsident des Gerichts erster Instanz wird von allen Richtern des Gerichts erster Instanz, die
Vollzeitrichter sind, aus ihrer Mitte für eine Amtszeit von drei Jahren gewählt. Der Präsident des Gerichts
erster Instanz kann zweimal wiedergewählt werden.DE C 175/32 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(2) Der erste Präsident des Gerichts erster Instanz ist Staatsangehöriger des Vertragsmitgliedstaats, in
dessen Gebiet die Zentralkammer ihren Sitz hat.
(3) Der Präsident des Gerichts erster Instanz leitet die gerichtlichen Tätigkeiten und die Verwaltung des
Gerichts erster Instanz.
(4) Artikel 13 Absätze 2 und 4 gilt für den Präsidenten des Gerichts erster Instanz entsprechend.
Artikel 15
Präsidium
(1) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten des Berufungsgerichts, der den Vorsitz führt, dem Prä
sidenten des Gerichts erster Instanz, zwei Richtern, die die Richter des Berufungsgerichts aus ihrer Mitte
gewählt haben, drei Richtern, die die Vollzeitrichter des Gerichts erster Instanz aus ihrer Mitte gewählt
haben, und dem Kanzler als nicht stimmberechtigtem Mitglied.
(2) Das Präsidium nimmt seine Aufgaben im Einklang mit dieser Satzung wahr. Unbeschadet seiner
eigenen Zuständigkeit kann es bestimmte Aufgaben an eines seiner Mitglieder übertragen.
(3) Das Präsidium ist für die Verwaltung des Gerichts zuständig und hat dabei insbesondere die Aufgabe,
a) Vorschläge zur Änderung der Verfahrensordnung gemäß Artikel 41 des Übereinkommens und Vor
schläge zu der Finanzordnung des Gerichts auszuarbeiten;
b) den Jahreshaushalt, die Jahresrechnung und den Jahresbericht des Gerichts zu erstellen und diese Unter
lagen dem Haushaltsausschuss vorzulegen;
c) die Leitlinien für das Programm zur Schulung der Richter festzulegen und die Durchführung dieses
Programms zu überwachen;
d) Entscheidungen über die Ernennung des Kanzlers und des Hilfskanzlers und über deren Entlassung aus
dem Amt zu treffen;
e) die Regelungen für die Kanzlei einschließlich ihrer Nebenstellen festzulegen;
f) Stellungnahmen gemäß Artikel 83 Absatz 5 des Übereinkommens abzugeben.
(4) Die in den Artikeln 7, 8, 10 und 22 genannten Entscheidungen des Präsidiums werden ohne Mit
wirkung des Kanzlers getroffen.
(5) Das Präsidium ist nur dann beschlussfähig, wenn alle seine Mitglieder anwesend oder ordnungsgemäß
vertreten sind. Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefasst.
Artikel 16
Personal
(1) Die Beamten und sonstigen Bediensteten des Gerichts unterstützen den Präsidenten des Berufungs
gerichts, den Präsidenten des Gerichts erster Instanz, die Richter und den Kanzler. Sie unterstehen dem
Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten des Berufungsgerichts und des Präsidenten des Gerichts erster
Instanz.
(2) Der Verwaltungsausschuss erlässt das Statut der Beamten und sonstigen Bediensteten des Gerichts.
Artikel 17
Gerichtsferien
(1) Nach Anhörung des Präsidiums legt der Präsident des Berufungsgerichts die Dauer der Gerichtsferien
und die Regeln für die Einhaltung der gesetzlichen Feiertage fest.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/33(2) Während der Gerichtsferien können das Amt des Präsidenten des Berufungsgerichts und das Amt des
Präsidenten des Gerichts erster Instanz durch einen Richter wahrgenommen werden, der von dem jeweiligen
Präsidenten damit beauftragt wird. In dringenden Fällen kann der Präsident des Berufungsgerichts die Richter
einberufen.
(3) Der Präsident des Berufungsgerichts oder der Präsident des Gerichts erster Instanz können den
Richtern des Berufungsgerichts bzw. den Richtern des Gerichts erster Instanz in begründeten Fällen Urlaub
gewähren.
ABSCHNITT 2
Gericht erster Instanz
Artikel 18
Errichtung und Auflösung von Lokal- oder Regionalkammern
(1) Anträge eines oder mehrerer Vertragsmitgliedstaaten auf Errichtung einer Lokal- oder Regionalkam
mer sind an den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses zu richten. Im Antrag ist anzugeben, wo die
Lokal- oder Regionalkammer angesiedelt sein soll.
(2) Im Beschluss des Verwaltungsausschusses zur Errichtung einer Lokal- oder Regionalkammer wird die
Zahl der Richter angegeben, die an die betreffende Kammer berufen werden; der Beschluss wird öffentlich
zugänglich gemacht.
(3) Der Verwaltungsausschuss beschließt auf Antrag des Vertragsmitgliedstaats, in dessen Gebiet die
betreffende Lokalkammer errichtet worden ist, oder auf Antrag der Vertragsmitgliedstaaten, die an der
betreffenden Regionalkammer beteiligt sind, über die Auflösung einer Lokal- oder Regionalkammer. Im
Beschluss über die Auflösung einer Lokal- oder Regionalkammer werden der Zeitpunkt, ab dem bei der
betreffenden Kammer keine neuen Fälle mehr anhängig gemacht werden können, sowie der Zeitpunkt
angegeben, an dem sie ihre Tätigkeit einstellt.
(4) Ab dem Zeitpunkt, an dem die Lokal- oder Regionalkammer ihre Tätigkeit einstellt, werden die an
diese Kammer berufenen Richter an die Zentralkammer berufen, und die noch bei der Lokal- oder Regio
nalkammer anhängigen Fälle werden gemeinsam mit der Nebenstelle der Kanzlei und den gesamten Unter
lagen auf die Zentralkammer übertragen.
Artikel 19
Spruchkörper
(1) Die Verfahrensordnung regelt die Zuweisung von Richtern und die Fallzuweisung innerhalb einer
Kammer an ihre Spruchkörper. Ein Richter des Spruchkörpers wird im Einklang mit der Verfahrensordnung
zum vorsitzenden Richter bestimmt.
(2) Die Spruchkörper können im Einklang mit der Verfahrensordnung bestimmte Aufgaben an einen
oder mehrere ihrer Richter übertragen.
(3) Im Einklang mit der Verfahrensordnung kann für jede Kammer ein ständiger Richter bestimmt
werden, der dringende Rechtsstreitigkeiten entscheidet.
(4) In Fällen, in denen die Rechtsstreitigkeit gemäß Artikel 8 Absatz 7 des Übereinkommens von einem
Einzelrichter oder gemäß Absatz 3 dieses Artikels von einem ständigen Richter entschieden wird, nimmt
dieser alle Aufgaben eines Spruchkörpers wahr.
(5) Ein Richter des Spruchkörpers übernimmt im Einklang mit der Verfahrensordnung die Aufgabe des
Berichterstatters.
Artikel 20
Richterpool
(1) Der Kanzler erstellt eine Liste mit den Namen der dem Richterpool angehörenden Richter. Für jeden
Richter werden in der Liste mindestens seine Sprachkenntnisse, sein technisches Fachgebiet und seine
Erfahrung sowie die Rechtsstreitigkeiten, mit denen er vorher befasst war, angegeben.DE C 175/34 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(2) Ein an den Präsidenten des Gerichts erster Instanz gerichteter Antrag, einen Richter aus dem Rich
terpool zu benennen, muss insbesondere folgende Angaben enthalten: den Gegenstand der Rechtssache, die
von den Richtern des Spruchkörpers verwendete Amtssprache des Europäischen Patentamts, die Verfahrens
sprache und das Gebiet der Technik, für das der Richter qualifiziert sein muss.
ABSCHNITT 3
Berufungsgericht
Artikel 21
Spruchkörper
(1) Die Zuweisung von Richtern und die Fallzuweisung an die Spruchkörper richten sich nach der
Verfahrensordnung. Ein Richter des Spruchkörpers wird im Einklang mit der Verfahrensordnung zum vor
sitzenden Richter ernannt.
(2) Bei Rechtsstreitigkeiten von außergewöhnlicher Bedeutung, insbesondere wenn die Entscheidung die
Einheitlichkeit und Kohärenz der Rechtsprechung des Gerichts berühren könnte, kann das Berufungsgericht
auf Vorschlag des vorsitzenden Richters beschließen, die Rechtsstreitigkeit dem Plenum vorzulegen.
(3) Die Spruchkörper können im Einklang mit der Verfahrensordnung bestimmte Aufgaben an einen
oder mehrere ihrer Richter übertragen.
(4) Ein Richter des Spruchkörpers übernimmt im Einklang mit der Verfahrensordnung die Aufgabe des
Berichterstatters.
ABSCHNITT 4
Kanzlei
Artikel 22
Ernennung und Entlassung des Kanzlers
(1) Der Kanzler des Gerichts wird vom Präsidium für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Die
Wiederernennung des Kanzlers ist zulässig.
(2) Der Präsident des Berufungsgerichts unterrichtet das Präsidium zwei Wochen vor dem für die Er
nennung des Kanzlers vorgesehenen Zeitpunkt über die eingegangenen Bewerbungen.
(3) Vor Aufnahme seiner Amtstätigkeit leistet der Kanzler vor dem Präsidium den Eid, sein Amt unpar
teiisch und gewissenhaft auszuüben.
(4) Der Kanzler kann nur aus dem Amt entlassen werden, wenn er den sich aus seinem Amt ergebenden
Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Das Präsidium entscheidet nach Anhörung des Kanzlers.
(5) Endet die Amtszeit des Kanzlers vor ihrem Ablauf, so ernennt das Präsidium einen neuen Kanzler für
die Dauer von sechs Jahren.
(6) Ist der Kanzler abwesend oder verhindert oder ist sein Amt vakant, so beauftragt der Präsident des
Berufungsgerichts nach Anhörung des Präsidiums ein Mitglied des Personals des Gerichts mit der Wahr
nehmung der Aufgaben des Kanzlers.
Artikel 23
Aufgaben des Kanzlers
(1) Der Kanzler steht dem Gericht, dem Präsidenten des Berufungsgerichts, dem Präsidenten des Gerichts
erster Instanz und den Richtern bei der Ausübung ihres Amtes zur Seite. Der Kanzler ist unter Aufsicht des
Präsidenten des Berufungsgerichts für die Organisation und den Geschäftsgang der Kanzlei verantwortlich.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/35(2) Der Kanzler ist insbesondere verantwortlich für
a) das Führen des Registers, in dem Aufzeichnungen über alle vor dem Gericht verhandelten Verfahren
enthalten sind,
b) das Führen und die Verwaltung der nach Artikel 18, Artikel 48 Absatz 3 und Artikel 57 Absatz 2 des
Übereinkommens erstellten Listen,
c) das Führen und die Veröffentlichung einer Liste der Mitteilungen über die Inanspruchnahme der Aus
nahmeregelung bzw. den Verzicht auf diese Regelung nach Artikel 83 des Übereinkommens,
d) die Veröffentlichung der Entscheidungen des Gerichts unter Wahrung des Schutzes vertraulicher Infor
mationen,
e) die Veröffentlichung der Jahresberichte mit statistischen Daten und
f) die Gewährleistung, dass die Informationen über die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung nach
Artikel 83 des Übereinkommens dem Europäischen Patentamt übermittelt werden.
Artikel 24
Registerführung
(1) In den vom Präsidium erlassenen Regelungen für die Kanzlei werden die Einzelheiten über die
Führung des Registers des Gerichts festgelegt.
(2) Die Verfahrensordnung regelt den Zugang zu den Akten der Kanzlei.
Artikel 25
Nebenstellen der Kanzlei und Hilfskanzler
(1) Vom Präsidium wird ein Hilfskanzler für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Die Wiederernen
nung des Hilfskanzlers ist zulässig.
(2) Artikel 22 Absätze 2 bis 6 gilt entsprechend.
(3) Der Hilfskanzler ist unter Aufsicht des Kanzlers und des Präsidenten des Gerichts erster Instanz für die
Organisation und den Geschäftsgang der Nebenstellen der Kanzlei verantwortlich. Der Hilfskanzler ist ins
besondere verantwortlich für
a) die Führung der Akten über alle vor dem Gericht erster Instanz verhandelten Verfahren;
b) die Unterrichtung der Kanzlei über jedes vor dem Gericht erster Instanz verhandelte Verfahren.
(4) Der Hilfskanzler stellt den Kammern des Gerichts erster Instanz Verwaltungs- und Sekretariatsunter
stützung zur Verfügung.
KAPITEL III
FINANZVORSCHRIFTEN
Artikel 26
Haushaltsplan
(1) Der Haushaltsplan wird vom Haushaltsausschuss auf Vorschlag des Präsidiums festgestellt. Er wird
nach Maßgabe der allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze aufgestellt, die in der gemäß Ar
tikel 33 erlassenen Finanzordnung festgelegt sind.
(2) Innerhalb des Haushaltsplans kann das Präsidium nach Maßgabe der Finanzordnung Mittelübertra
gungen zwischen den einzelnen Kapiteln oder Unterkapiteln vornehmen.DE C 175/36 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(3) Der Kanzler ist nach Maßgabe der Finanzordnung für die Ausführung des Haushaltsplans verantwort
lich.
(4) Der Kanzler erstellt jedes Jahr eine Jahresrechnung zum abgelaufenen Haushaltsjahr, die die Ausfüh
rung des Haushaltsplans darlegt; diese Jahresrechnung wird vom Präsidium genehmigt.
Artikel 27
Genehmigung von Ausgaben
(1) Die im Haushaltsplan ausgewiesenen Ausgaben werden für die Dauer eines Rechnungslegungszeit
raums genehmigt, sofern die Finanzordnung nichts anderes bestimmt.
(2) Nach Maßgabe der Finanzordnung dürfen die nicht für Personalausgaben vorgesehenen Mittel, die bis
zum Ende eines Rechnungslegungszeitraums nicht verbraucht worden sind, nicht über das Ende des nach
folgenden Rechnungslegungszeitraums hinaus übertragen werden.
(3) Die Mittel werden nach Art und Zweckbestimmung der Ausgabe auf die verschiedenen Kapitel
aufgeteilt und nach Maßgabe der Finanzordnung soweit erforderlich weiter unterteilt.
Artikel 28
Mittel für unvorhersehbare Ausgaben
(1) Im Haushaltsplan des Gerichts können Mittel für unvorhersehbare Ausgaben veranschlagt werden.
(2) Die Verwendung dieser Mittel durch das Gericht setzt die vorherige Zustimmung des Haushaltsaus
schusses voraus.
Artikel 29
Rechnungslegungszeitraum
Der Rechnungslegungszeitraum beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember.
Artikel 30
Erstellung des Haushaltsplans
Das Präsidium legt dem Haushaltsausschuss den Haushaltsplanentwurf des Gerichts spätestens zu dem in der
Finanzordnung vorgegebenen Termin vor.
Artikel 31
Vorläufiger Haushaltsplan
(1) Hat der Haushaltsausschuss zu Beginn eines Rechnungslegungszeitraums den Haushaltsplan noch
nicht festgestellt, so können nach der Finanzordnung für jedes Kapitel oder jede sonstige Untergliederung
des Haushaltsplans monatliche Ausgaben bis zur Höhe eines Zwölftels der im vorangegangenen Rechnungs
legungszeitraum eingesetzten Mittel vorgenommen werden, wobei die dem Präsidium auf diese Weise zur
Verfügung gestellten Mittel jedoch ein Zwölftel der entsprechenden Mittelansätze des Haushaltsplanentwurfs
nicht überschreiten dürfen.
(2) Der Haushaltsausschuss kann unter Beachtung der sonstigen Bestimmungen des Absatzes 1 Ausgaben
genehmigen, die über ein Zwölftel der im vorangegangenen Rechnungslegungszeitraum eingesetzten Mittel
hinausgehen.
Artikel 32
Rechnungsprüfung
(1) Der Jahresabschluss des Gerichts wird von unabhängigen Rechnungsprüfern geprüft. Die Rechnungs
prüfer werden vom Haushaltsausschuss bestellt und erforderlichenfalls abberufen.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/37(2) Durch die Rechnungsprüfung, die nach fachgerechten Rechnungsprüfungsgrundsätzen und erforder
lichenfalls an Ort und Stelle erfolgt, wird festgestellt, dass der Haushaltsplan rechtmäßig und ordnungs
gemäß ausgeführt und die Finanzverwaltung des Gerichts nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und der
Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung durchgeführt worden sind. Nach Abschluss eines jeden Rechnungs
legungszeitraums erstellen die Rechnungsprüfer einen Bericht, der einen unterzeichneten Rechnungsprü
fungsvermerk enthält.
(3) Das Präsidium legt dem Haushaltsausschuss den Jahresabschluss des Gerichts und die jährliche Über
sicht über die Ausführung des Haushaltsplans für das abgelaufene Haushaltsjahr zusammen mit dem Bericht
der Rechnungsprüfer vor.
(4) Der Haushaltsausschuss genehmigt die Jahresrechnung sowie den Bericht der Rechnungsprüfer und
erteilt dem Präsidium Entlastung hinsichtlich der Ausführung des Haushaltsplans.
Artikel 33
Finanzordnung
(1) Die Finanzordnung wird vom Verwaltungsausschuss erlassen. Sie wird vom Verwaltungsausschuss auf
Vorschlag des Gerichts geändert.
(2) Die Finanzordnung regelt insbesondere
a) die Art und Weise der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie der Rechnungslegung und
Rechnungsprüfung;
b) die Art und Weise sowie das Verfahren, wie die Zahlungen und Beiträge, einschließlich der in Artikel 37
des Übereinkommens vorgesehenen ersten finanziellen Beiträge, dem Gericht zur Verfügung zu stellen
sind;
c) die Vorschriften über die Verantwortung der Anweisungsbefugten und der Rechnungsführer sowie die
entsprechenden Aufsichtsmaßnahmen und
d) die dem Haushaltsplan und dem Jahresabschluss zugrunde zu legenden allgemein anerkannten Rech
nungslegungsgrundsätze.
KAPITEL IV
VERFAHRENSVORSCHRIFTEN
Artikel 34
Beratungsgeheimnis
Die Beratungen des Gerichts sind und bleiben geheim.
Artikel 35
Entscheidungen
(1) Besteht ein Spruchkörper aus einer geraden Zahl von Richtern, so trifft das Gericht seine Entschei
dungen mit der Mehrheit des Spruchkörpers. Im Falle der Stimmengleichheit gibt die Stimme des vor
sitzenden Richters den Ausschlag.
(2) Bei Verhinderung eines Richters eines Spruchkörpers kann nach Maßgabe der Verfahrensordnung ein
Richter eines anderen Spruchkörpers herangezogen werden.
(3) In den Fällen, in denen diese Satzung vorsieht, dass das Berufungsgericht eine Entscheidung als
Plenum trifft, ist diese Entscheidung nur dann gültig, wenn sie von mindestens 3/4 der Richter des Plenums
getroffen wird.DE C 175/38 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013(4) In den Entscheidungen des Gerichts werden die Richter, die in der Rechtsstreitigkeit entscheiden,
namentlich aufgeführt.
(5) Entscheidungen werden unterzeichnet von den Richtern, die in der Rechtsstreitigkeit entscheiden,
sowie bei Entscheidungen des Berufungsgerichts vom Kanzler und bei Entscheidungen des Gerichts erster
Instanz vom Hilfskanzler. Sie werden in öffentlicher Sitzung verkündet.
Artikel 36
Abweichende Meinungen
Die von einem Richter eines Spruchkörpers nach Artikel 78 des Übereinkommens vertretene abweichende
Meinung ist schriftlich zu begründen und von dem die Meinung vertretenden Richter zu unterzeichnen.
Artikel 37
Versäumnisentscheidung
(1) Auf Antrag einer Prozesspartei kann eine Versäumnisentscheidung nach Maßgabe der Verfahrens
ordnung ergehen, wenn die andere Partei, der ein verfahrenseinleitendes Schriftstück oder ein gleichwertiges
Schriftstück zugestellt worden ist, keine schriftliche Erwiderung einreicht oder nicht zur mündlichen Ver
handlung erscheint. Gegen diese Entscheidung kann binnen eines Monats nach Zustellung an die Partei,
gegen die die Versäumnisentscheidung ergangen ist, Einspruch eingelegt werden.
(2) Der Einspruch hat keine Aussetzung der Vollstreckung der Versäumnisentscheidung zur Folge, es sei
denn, dass das Gericht etwas anderes beschließt.
Artikel 38
Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union
(1) Es gelten die vom Gerichtshof der Europäischen Union für Vorabentscheidungsersuchen innerhalb der
Europäischen Union eingerichteten Verfahren.
(2) Hat das Gericht erster Instanz oder das Berufungsgericht beschlossen, den Gerichtshof der Europäi
schen Union mit einer Frage zur Auslegung des Vertrags über die Europäischen Union oder des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäische Union oder mit einer Frage zur Gültigkeit oder zur Auslegung von
Rechtsakten der Organe der Europäischen Union zu befassen, so setzt es sein Verfahren aus.DE 20.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union C 175/39ANHANG II
VERTEILUNG VON RECHTSSTREITIGKEITEN INNERHALB DER ZENTRALKAMMER ( 1 )
LONDON (Abteilung) PARIS (Sitz) MÜNCHEN (Abteilung)
Büro des Präsidenten
(A) Täglicher Lebensbedarf (B) Arbeitsverfahren; Transportieren (F) Maschinenbau; Beleuchtung; Heizung;
Waffen; Sprengen
(C) Chemie; Hüttenwesen (D) Textilien; Papier
(E) Bauwesen; Erdbohren; Bergbau
(G) Physik
(H) ElektrotechnikDE C 175/40 Amtsblatt der Europäischen Union 20.6.2013
( 1 ) Die Einteilung in acht Sektionen (A bis H) beruht auf der Internationalen Patentklassifikation der Weltorganisation für geistiges Eigentum (http://www.wipo.int/classifications/ipc/en).